Seit Einführung der FBUB im Jahre 1956 hat sich in der Praxis unisono die Vorstellung durchgesetzt, dass fortlaufende Kosten und Gewinne versichert sind. Ín der Wissenschaft, vertreten durch HAX, wurde schon in den 50er Jahren auf den Aspekt der Ertragsausfallversicherung hingewiesen. Die Bedingungsgeber fanden diesen Gedanken seinerzeit zu modern.
Die Betriebsunterbrechungsversicherung (BUV) ist eine Schadensversicherung. Damit sind die §§ 74 ff. VVG anzuwenden. Die BUV ist keine Versicherung der fortlaufenden Kosten und des entgehenden Gewinnes, wie fälschlicherweise in den §§ 3 bis 5 der allgemeinen Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherungs-Bedingungen aus dem Jahre 1956 in der Fassung Januar 1995 (im Folgenden „FBUB 56“) und erneuert in den Musterbedingungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) in § 1 Nr. 2 der FBUB 2010 festgestellt wird, sondern eine Ertragsausfallversicherung. Vom Schaden betroffen sind nicht fortlaufende Kosten, sondern Erträge zur Deckung dieser Kosten, im Wesentlichen also der Umsatz, der nach einer Betriebsunterbrechung ausfällt. Dies gilt letztlich auch für den Gewinn, da dieser nur deshalb ausfällt, weil die Erträge (Umsätze) zur Erzielung des Gewinnes nicht mehr anfallen.
Inzwischen hat sich gezeigt, dass die FBUB 2010 von den Versicherern (VRn) kaum angenommen worden sind. Bereits vor dem Neuentwurf haben viele VR eigene Bedingungen entwickelt, die sich jedoch alle im Kern an den FBUB 56 orientieren. Für die weitere Bearbeitung des Themas werden hier daher die FBUB 56 in der Fassung von Januar 1995 zugrunde gelegt.
Gemäß § 1 FBUB 56 ist der Gegenstand der FBU-Versicherung wie folgt definiert:
Wird der Betrieb des Versicherungsnehmers (VN) infolge eines Sachschadens unterbrochen, so ersetzt der VR nach den folgenden Bestimmungen den dadurch entstehenden Unterbrechungsschaden.
Die FBUB 56 leiden unter einer gewissen fehlenden Systematik und teilweise auch falschen Beschreibung des versicherten Interesses, da sie besonders auf die Begriffe „Gewinn und Kosten“ abstellen.
In § 3 Nr. 1 FBUB 56 (Unterbrechungsschaden, Versicherungsort, Haftzeit) heißt es:
Unterbrechungsschaden ist der entgehende Betriebsgewinn und der Aufwand an fortlaufenden Kosten in dem versicherten Betrieb …
Eine ähnliche Formulierung findet sich in § 4 Nr. 1 FBUB 56 (Betriebsgewinn und -kosten):
Versichert sind der Gewinn aus dem Umsatz der hergestellten Erzeugnisse und der gehandelten Waren sowie der Gewinn aus Dienstleistungen und die Kosten des versicherten Betriebes.
Bei beiden Formulierungen fehlt es an der Voraussetzung, dass versicherte Kosten auch ohne Unterbrechung verdient worden wären.
Würde im Schadenfall auf der Basis der § 3 Nr. 1 bzw. § 4 Nr. 1 FBUB 56 reguliert, so wäre die Frage der Erwirtschaftung ohne Bedeutung, die Kosten würden immer voll entschädigt, auch wenn sie bei einem Verlustbetrieb nicht verdient worden wären. Damit wäre der Betrieb bessergestellt als ohne Schaden. Dies widerspricht jedoch dem Zweck der FBU-Versicherung und ihrer Konzeption als Schadensversicherung. Korrigiert werden die unvollständigen §§ 3 Nr. und 4 Nr. 1 FBUB 56 in den Bedingungen an einer ganz anderen Stelle, nämlich in § 6 Nr. 1 FBUB 56:
Hier heißt es:
Nr. 1 Zu ersetzen sind der Betriebsgewinn und die Kosten, die der VN infolge der Betriebsunterbrechung im Bewertungszeitraum nicht erwirtschaften konnte.
Nr. 2 Kosten werden nur ersetzt, soweit ihr Weiteraufwand rechtlich notwendig oder wirtschaftlich begründet ist und soweit sie ohne die Unterbrechung erwirtschaftet worden wären.
Aufgrund der Tatsache, dass die notwendige Voraussetzung der Kostenerwirtschaftung an zentraler Stelle, nämlich in § 3 und § 4 FBUB 56 nicht erscheint, sind eine Menge Irritationen entstanden.
Der Ertrag als versichertes Interesse der FBU-Versicherung
Nach inzwischen gefestigter Meinung in Literatur und Rechtsprechung sind nicht etwa Gewinne und Kosten in der FBU-Versicherung versichert, sondern Erträge, und zwar die Teile der Erträge (Umsätze), die zur Deckung der fortlaufenden Kosten und des Gewinnes nach einem Unterbrechungsschaden fehlen. Damit wird auch der Bezug der FBU-Versicherung zur Schaden-Versicherung deutlich. Schaden erleiden nicht etwa die fortlaufenden Kosten, diese laufen ja schließlich „unbeschädigt“ weiter und beeinträchtigen deshalb besonders die Liquidität des VN. Vom Schaden betroffen sind vielmehr die Erträge, da keine Umsatzerlöse mehr aus der Produktion bzw. dem Verkauf anfallen und damit die Liquidität fehlt.
Das versicherte Interesse in der FBU-Versicherung besteht in den Ertragsanteilen, die der VN zur Deckung der fortlaufenden Kosten und des Gewinnes im Schadenfall benötigt. In der modernen Betriebswirtschaftslehre werden diese Ertragsanteile auch gleichgesetzt mit dem so genannten „Deckungsbeitrag“ oder „Bruttogewinn“. Da ein Ertragsanteil im Schadenfall für eingesetztes Material oder Energie nicht mehr erforderlich ist, ist nur die Versicherung des Deckungsbeitrages erforderlich. Die Formulierung des versicherten Interesses in den BUB könnte folgendermaßen lauten:
Versichert sind die betrieblichen Erträge in Form von Deckungsbeiträgen aus dem Umsatz der hergestellten Erzeugnisse (inkl. Handel und Dienstleistungen).
Für die Berechnung des Bruttogewinns sind die Berechnungsgrundsätze des § 252 BGB heranziehbar, unter Beachtung der versicherungsrechtlichen Maßgaben der §§ 5, 3 Nr. 3 FBUB 56.
Ein nach dieser Systematik ermittelter Bruttoausfallschaden bildet die Basis zur Berechnung des letztlich zu ermittelnden FBU-Schadens.
Der vorliegende Text basiert auf der Veröffentlichung Morongowski/Reichert im Werk: „Handbuch des Fachanwalts: Versicherungsrecht“, 5. Auflage, Kapitel 13 „Betriebsunterbrechungsversicherung“.
Den vollständigen Fachbeitrag inkl. Quellenangaben und die FBUB 56 in der Fassung Januar 1995 haben wir kostenlos für Sie auf unserer Homepage bereitgestellt: http://www.morongowski.com/ueber-uns/literatur/literatur/