Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren bis Ende des Jahres 2013 mehr als 7,6 Millionen Menschen als in Deutschland lebende Personen mit ausschließlich ausländischer Staatsbürgerschaft im Ausländerzentralregister registriert. Diese Anzahl dürfte sich, auch in Anbetracht der internationalen Lage und der Situation in einigen EU-Mitgliedsstaaten, inzwischen wahrscheinlich erhöht haben.
Die meisten in Deutschland lebenden Ausländer kommen aus EU-Mitgliedsstaaten (75%), wie z. B. Polen (+ 14,6% im Jahre 2013) oder Ungarn (+ 26,3%), aber auch aus Rumänien (+ 30,4%) und Bulgarien (+ 23,6%). Ein Zuzug aus Nicht-EU-Mitgliedsstaaten erfolgte vor allem aus Syrien und der Russischen Föderation. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich gerade die Zuzüge aus den letzteren Herkunftsländern 2014/15 signifikant erhöht haben bzw. sich noch erhöhen werden.
Keines der Hauptherkunftsländer ist deutschsprachig, und in vielen dürfte Deutsch als Schulfach oder kulturell-historisch verankerte Sprache auch keine große Rolle spielen. Nicht zu reden von den Menschen, die aus Ländern zu uns finden, in denen Deutschunterricht oder der Kontakt zur deutschen Sprache oder der in unserem Land gelebten Kultur nahezu so weit weg ist wie der Mond.
Übergangsmanagement ergänzt sprachliche Integration
Umso mehr sollten alle Integrationsbemühungen in Deutschland und die angestrebte Willkommenskultur nicht nur mit der Forderung nach auch sprachlicher Integration – sprich: dem Erlernen und der Beherrschung der deutschen Sprache – einhergehen, sondern auch mit entsprechenden, möglichst kostenfreien, Angeboten und einem adäquaten Übergangsmanagement. Ein solches Übergangsmanagement ist nicht nur erforderlich, sondern wird auch leider viel zu selten thematisiert. Es kann nämlich durchaus nicht erwartet werden, dass fremdsprachige Ausländer, so fleißig, sprachbegabt und integrationswillig sie auch immer sein mögen, nach dem erfolgreichen Abschluss eines Deutschkurses die als schwierig bekannte deutsche Sprache so gut beherrschen, dass sie problemlos und auf gutem Niveau in allen Kontexten umfassend kommunizieren können. Dies können einem schon die Sprachkünste der eigenen Kinder nach mehreren Jahren Fremdsprachenunterricht in der Regelschule (ohne längere Auslandsaufenthalte natürlich) oder die eigenen Erfahrungen mit den einmal selbst erlernten und mitunter sehr eingerosteten Sprachkenntnissen vor Augen führen. Oft kommen wir als halbwegs gebildete Mitteleuropäer ja gut zurecht, wenn wir in unserem Besuchsland einkaufen gehen, im Restaurant bestellen oder im Café mit freundlichen Einheimischen parlieren. Beim Arztbesuch oder bei der Aufnahme eines ja immerhin möglichen Verkehrsunfalls sähe es bei den meisten von uns schon etwas anders aus. Wie viel anders ist es dann erst, wenn man plötzlich mit Bürokratie oder gar mit rechtlichen oder verwaltungstechnischen Inhalten konfrontiert wäre, bei denen man nicht nur als Zuschauer, sondern – mit allen emotionalen Aspekten – als Betroffener fungiert.
Übergangsmanagement hilft in komplexen Sprachsituationen
Hinzu kommt, dass viele ausländische Mitbürger, die Deutsch im Alltagsgebrauch bereits gut beherrschen, gern auch zeigen möchten, dass sie sich um Integration bemühen und bereits Wichtiges erreicht haben. Das führt dazu, dass es mitunter auch in Situationen, deren sprachliche Ebene weit über die normale Alltagssprache hinausgeht, den Anschein hat, als würden die Betroffenen keinen Dolmetscher oder Übersetzer (für schriftliche Texte) benötigen oder gar wollen. Oft erleben Dolmetscher im Laufe eines Verfahrens, dass ein Betroffener angibt, keine Verdolmetschung zu benötigen, dann aber – wenn der Dolmetscher oder die Dolmetscherin dennoch angewiesen wird, für alle Fälle anwesend zu bleiben – später z. B. nachfragt, was denn nun bei der Sache herausgekommen sei. Selbst wenn sich in einer gewissen Anzahl von Fällen bestätigt, dass der Betroffene das Gesprochene korrekt verstanden hat, zeigt die Rückfrage doch einen Grad an Unsicherheit, dem gerade bei Vorgängen mit rechtlichen Konsequenzen, bei denen es auf ein genaues Verständnis der Sachverhalte und möglicher Rechtswirkungen ankommt, entgegengewirkt werden sollte. Formulierungen wie z. B. „abschlägig beschieden“ oder, etwa beim Arzt, „transfundieren“ gehören sicherlich weder zum allgemeinen Sprachgebrauch, noch erschließen sie sich intuitiv, sollten aber unbedingt verstanden werden, denn ein „Nein“ oder eine Bluttransfusion wie in diesen Beispielen sind durchaus Sachverhalte, über die ein Betroffener Bescheid wissen sollte, und zwar auch dann, wenn eine Unterschrift seinerseits nicht unbedingt erforderlich ist.
Dabei ist die Terminologie nur ein Aspekt. Ein im juristischen Bereich nicht selten sprachlich komplexer Satzbau kann einen Betroffenen, dessen sprachliche Fähigkeiten noch eingeschränkt sind, leicht überfordern und ihm unverständlich sein. Selbst wenn sich die Beteiligten um eine verständliche Sprache bemühen, sind ihnen durch rechtliche oder fachliche Erfordernisse oft Grenzen gesetzt, die sie nicht ignorieren können.
Daher sollte für ein angemessenes Übergangsmanagement einer sich entwickelnden Sprachkompetenz der Einsatz eines Dolmetschers oder einer Dolmetscherin auch bei alltagssprachlich bereits befähigten ausländischen Mitbürgern in Betracht gezogen werden, wenn ein genaues und gutes Verständnis der mitgeteilten oder zur Entscheidung stehenden Inhalte unerlässlich ist.