
Stress ist für viele Studierende ein großes Thema während der juristischen Examensvorbereitung. Stress entsteht durch die subjektive Diskrepanz zwischen externen Anforderungen und den eigenen Bewältigungsressourcen. Erfolg im Examen ist Kopfsache, doch schon der Weg zum Examen erfordert mentale Stärke. Studierende müssen an ihren akademischen Zielen trotz aufkommender Schwierigkeiten festhalten und diese bewältigen.
In diesem Zusammenhang haben psychologische Strategien eine Schlüsselfunktion, weil sie zu einer gelingenden Stressbewältigung verhelfen. Dieser Beitrag gibt psychologische Tipps, wie Studierende den erlebten Stress während der Examensvorbereitung besser bewältigen können. Es wird unterschieden zwischen Stressprävention und Stressreduktion. Hervorzuheben ist, dass der Beitrag auf einzelnen Strategien beruht, deren Wirksamkeit kürzlich in einer wissenschaftlichen Studie nachgewiesen werden konnte (Reschke et al., 2024).
Tipps zur Stressprävention
Am Anfang der Examensvorbereitung sollten Studierende vor allem drei Fähigkeiten erwerben bzw. diese verbessern. Es handelt sich um folgende Kompetenzen: Zeitmanagement, effektives Lernen und funktionale Denkroutinen. Zur besseren Übersichtlichkeit werden die wichtigsten Tipps innerhalb der einzelnen Fähigkeitsbereiche im Folgenden stichpunktartig dargestellt.
Zeitmanagement
- Unser Gehirn mag wiederkehrende Muster. Deshalb: Den Tag in einzelne Lernabschnitte strukturieren und feste Lernroutinen entwickeln. Das schafft Orientierung und gibt Sicherheit.
- Effektive Arbeitszeit = Lernzeit + Pause. Deshalb: Pausen machen, um Lerngewinne zu maximieren (z.B. Lernpause, Mittagspause, Schlaf und ein Tag in der Woche ohne Jura).
- Weniger ist mehr, gerade was das Smartphone anbelangt. Deshalb: Ablenkung durch soziale Medien reduzieren und das Handy in den Flugmodus schalten oder wegschließen. Manchmal hilft auch ein Klebezettel auf dem Handybildschirm: »Finger weg«.
Effektives Lernen
- Voraussetzungen gehen dem Lernen voraus. Deshalb: Für jeden Tag Ordnung am Arbeitsplatz schaffen sowie Lernziele und Prioritäten setzen.
- Nur wer einen Plan hat, hat einen Plan. Deshalb: Einem Lernplan folgen und dabei Wiederholungen berücksichtigen, Pufferzeiten einbauen und Lernfortschritte hervorheben.
- Selbsttest ist der Königsweg des Lernens. Deshalb: Regelmäßig am (universitären) Klausurentraining teilnehmen und auch (mindestens) ein Probeexamen mitschreiben.
Funktionale Denkroutinen
- Stimmen im Kopf erkennen und akzeptieren #1: »Das schlechte Gewissen«. Deshalb: Lernpausen und Freizeitaktivitäten trotzdem genießen.
- Stimmen im Kopf erkennen und akzeptieren #2: »Der innere Kritiker«. Deshalb: Zufrieden sein mit der eigenen Leistung und den Leistungszuwachs als Prozess begreifen.
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Stimmen im Kopf erkennen und akzeptieren #3: »Die Versagensangst«. Deshalb: Angst mit realistischem Denken begegnen und sich Erfolge sowie die eigenen Stärken klar vor Augen führen.
Tipps zur Stressreduktion
Ab der Mitte der Examensvorbereitung wird es immer wichtiger, dass Studierende auch drei weitere Fähigkeiten erwerben bzw. diese zunehmend ausbauen und anwenden. Es handelt sich um folgende Kompetenzen: Emotionsmanagement, Entspannungsfähigkeit und soziale Unterstützung.
Emotionsmanagement
- Angst, Wut oder Trauer sind ganz normale Reaktionen auf unnormale Studienphasen wie die Examensvorbereitung. Deshalb: Aktive Wege gehen, um negative Emotionen zu regulieren (z.B. Sport treiben, Problem lösen).
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Positive Gefühle sind eine wichtige Ressource in stressigen Zeiten. Deshalb: Schönes erleben und Erfolge mit einem Journal /Glückstagebuch bewusst machen.
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Genuss fördert das Wohlbefinden. Deshalb: Kleine Genussrituale entwickeln, im Alltag einbauen und die Aufmerksamkeit bewusst auf einen unserer 5 Sinneskanäle lenken.
Entspannungsfähigkeit
- Entspannung ist ein Grundprinzip menschlicher Leistungsfähigkeit. Deshalb: Pausen und regenerative Momente im Alltag fest einplanen.
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Blackouts in Klausuren vorbeugen. Deshalb: 4- bis 6-Atemtechnik ausprobieren (4 s lang ein- und 6 s lang ausatmen). Hilft garantiert in der Klausur.
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Besser entspannen kann man üben. Deshalb: Eine systematische Entspannungstechnik erlernen wie Autogenes Training
Soziale Unterstützung
- Unterstützung durch Andere gilt als wichtiger Stresspuffer. Deshalb: Raus aus dem stillen Kämmerlein und das persönliche soziale Netz anzapfen.
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Das universitäre soziale Netz kann Einsamkeit vorbeugen. Deshalb: Lerngruppen, Fachschaft, Dozierende, Studienberatung, Hochschulsport & Co. nutzen.
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Der Elfenbeinturm ist weniger hoch als gedacht. Deshalb: Mutig auf Dozierende und Profs zugehen und nach den Veranstaltungen oder in den Sprechstunden Fragen stellen.
Am Ende der Examensvorbereitung werden viele Studierende feststellen, dass es vor allem darum ging: learning by doing. Das gilt auch für die hier vorgestellten psychologischen Tipps zur Stressbewältigung. Viel Freude dabei und gutes Gelingen!
Referenz
Reschke, T., Lobinger, T., & Reschke, K. (2024). Short-term effectiveness of a brief psychological intervention on university students’ stress and well-being during prolonged exam preparation: results of a randomized controlled trial. Cogent Education, 11.
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Über den Autor:
Tom Reschke - Psychologe (Master of Science)
Er erforschte als Doktorand die Effektivität verschiedener Interventionsansätze zur Stressreduktion in der juristischen Examensvorbereitung. Mit seinem Unternehmen TALENT SAFARI ist er als Referent tätig und bietet psychologische Diagnostik, Beratung und Trainings im Schul- und Bildungsbereich.