
Lizenzierung von Daten und KI-Ergebnissen im Lichte aktueller EU-Normierungsansätze
Das Internationale Lizenzrecht befasst sich nicht nur mit der Nutzung von urheberrechtlich geschützten Inhalten wie Bildern, Filmen, Computerspielen und Texten sowie anderen Geistigen Eigentumsrechten. Aufgrund der gestiegenen wirtschaftlichen Bedeutung von Daten, die bei der Nutzung smarter Systeme und Plattformen entstehen, befassen sich Lizenz- rechtlerInnen verstärkt damit, wie Daten ausgewertet und lizenziert werden können. Bereits nach der aktuellen Rechtslage ist dies nicht einfach zu beurteilen.
Zu vermarktende Daten können etwa Informationen über die Bestellung von Produkten über einen Onlineshop sein, aber auch über gefahrene Routen eines (teil-)autonomen PKWs oder über Lernergebnisse einer Künstlichen Intelligenz. Diese rechtssicher einzuordnen stellt eine komplexe Aufgabe dar. Je nach Inhalt, Personenbezug, Art der Speicherung, kreativem oder zeitlich- finanziellem Aufwand der Erstellung und technischem Schutz der Daten können diese unter anderem der Datenschutz-Grund- verordnung, dem Eigentumsrecht des BGB, dem Schutz von Datenbanken nach dem UrhG und dem Geschäftsgeheimnisgesetz unterfallen.
Die Datenlizenzierung setzt daher eine umfassende Kenntnis der jeweiligen Normen und der Zulässigkeit von entsprechenden Vertragsklauseln voraus: Welche Daten dürfen verwertet werden, welche Einwilligungen sind erforderlich, welche Grenzen setzt das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen? Aufgabe des Internationalen Lizenzrechts ist es, hierbei auch ausländische Rechtsordnungen beim weltweiten Datenhandel zu berücksichtigen. Neben den einschlägigen ausländischen Normen (insbesondere der USA) kommen hier künftig neue europäische Regelungen zum Tragen:
In der europäischen Datenstrategie vom Februar 2020 hat die EU-Kommission die Entwicklung gemeinsamer europäischer Datenräume angekündigt, welche einen echten Binnenmarkt für Daten ermöglichen sollen. Die Umsetzung dieser Strategie erfolgt u.a. über den Data Governance Act und den Data Act.
Der Data Governance Act soll einen klaren Rahmen für die Nutzung von Daten des öffentlichen Sektors ermöglichen, wenn diese Daten den Rechten anderer unterliegen. Solche Rechte können etwa bei Handelsgeheimnissen, personenbezogenen Daten oder Geistigem Eigentum vorliegen. Ergänzend gilt die Richtlinie überoffene Daten aus dem Jahr 2019, soweit sonstige Daten betroffen sind. Geschäftsmodelle, welche solche Daten des öffentlichen Sektors betreffen, erhalten damit neue Leitplanken für die Lizenzierung.
Der Data Act wiederum enthält Maßnahmen, die den Zugang der Nutzer zu den von ihren vernetzten Geräten erzeugten Daten sicherstellen sollen; daneben sind Maßnahmen zur Unterstützung des Datenzugangs für kleine und mittlere Unternehmen enthalten. Allerdings wird jedoch auch geregelt, dass Datenbanken, welche Daten des „Internets der Dinge“ enthalten, keinem gesonderten Rechtsschutz unterliegen sollen. Dies soll garantieren, dass diese Daten zugänglich sind und genutzt werden können, steht aber der wirtschaftlichen Verwertung entgegen.
Darüber hinaus werden mit einer neuen Verordnung zur Künstlichen Intelligenz harmonisierte Vorschriften für das Inverkehrbringen, die Inbetriebnahme und die Verwendung von Systemen der Künstlichen Intelligenz eingeführt. Auch diese Neuregelung wird sich maßgeblich auf die Lizenzierung von Daten aus KI Systemen auswirken. Summa Summarum wird der Datenhandel durch die Neuregelungen der EU in Teilen erleichtert, in weiten Teilen aber auch stärker eingeschränkt, als dies in anderen Rechtsordnungen üblich ist.
Komplexe Herausforderungen für LL.M.- AbsolventInnen im Internationalen Lizenzrecht
Ein LL.M. Abschluss im Internationalen Lizenzrecht ist besonders geeignet, die – nach Einschätzung der Wissenschaft und der Datenschutzaufsicht – schwer kombinierbaren Vorgaben all dieser Rechtsetzungen zu interpretieren und passende Lösungen für digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln. Auch im Hinblick auf dieses neue europäische Datenrecht stellt sich der Arbeitsmarkt im Bereich des Internationalen Lizenzrechts ausgesprochen positiv dar. Neue Geschäftsmodelle im Bereich der KI, der Industrie 4.0 sowie der autonomen Systeme führen dazu, dass die Erhebung und Auswertung von Daten immer größere wirtschaftliche Bedeutung erhalten werden. Dieser Herausforderung gerecht zu werden erweist sich als ideales Betätigungsfeld für künftige internationale LizenzrechtlerInnen.
Der LL.M. Studiengang für Internationales Lizenzrecht der Hochschule Darmstadt richtet sich an Absolventinnen und Absolventen, die bereits einen juristischen Abschluss erlangt haben. Er vermittelt vertiefte Kenntnisse der Vertrags und Fallgestaltungen aus dem Medien, IT, Datenschutz und IPRecht sowie den zugehörigen Fragen des internationalen, insbesondere angloamerikanischen Rechts. Darüber hinaus finden sich Internationalisierungsanteile, die den Bedürfnissen der internationalen Kommunikation und der Schnittstellenkommunikation zwischen Technik und Recht entsprechen.
Absolventen und Absolventinnen sind somit den Anforderungen des gehobenen Arbeitgebermarktes in international tätigen Unternehmen der IT-/IP- und Medienbranche, etwa in Rechtsabteilungen oder im gehobenen Projekt- und Lizenzmanagement gewachsen. Perspektivisch werden sie befähigt, Führungspositionen im Lizenzmanagement einzunehmen oder ihre wissenschaftlichen Fähigkeiten durch eine Promotion zu vertiefen.
Über den Autor:
Prof. Dr. Thomas Wilmer ist Direktor des Instituts für Informationsrecht der Hochschule Darmstadt und stellvertretender Leiter des Studiengangs Internationales Lizenzrecht LL.M. Er ist spezialisiert auf Fragen des Lizenz- und Datenschutzrechts und lehrt auch im Fachanwaltslehrgang für das Recht der Informationstechnologie.