Ein Jahr nach ihrem Zweiten Staatsexamen hat sich Alexandra Lederer selbstständig gemacht und ihre eigene Kanzlei LedererLegal gegründet. Wir haben mit ihr über den Gründungsprozess gesprochen und darüber, wie wichtig Zusatzqualifikationen für die Selbstständigkeit sind.
Frau Lederer, Sie haben mitten in der Corona-Krise Ihre eigene Kanzlei LedererLegal gegründet. Was hat Sie dazu bewogen, wollten Sie schon immer gründen?
Bevor ich mich als Rechtsanwältin selbstständig gemacht habe, habe ich über ein Jahr als angestellte Rechtsanwältin gearbeitet. In dieser Zeit habe ich immer mehr den Drang verspürt, selbstständiger und unabhängiger zu arbeiten. Die Idee einer eigenen Kanzlei ist also erst während meiner Arbeit als Rechtsanwältin entstanden. Während der Corona-Krise habe ich dann meinen Job gekündigt und meine eigene Online-Kanzlei gegründet – ganz dem Motto nach „Wenn nicht jetzt – Wann dann?“.
Das klingt sehr mutig, gerade in dieser Phase! Eine eigene Kanzlei zu gründen kann mitunter auch Schwierigkeiten mit sich bringen. Worin bestand im Gründungsprozess denn für Sie die größte Herausforderung?
Im Rahmen meiner Kanzleigründung musste ich mich das erste Mal mit ganz anderen Themen als der rein juristischen Arbeit beschäftigten: z.B. einen Finanzplan erstellen, mir Gedanken zu Marketingkonzepten und Mandantenakquise machen oder mich mit den Themen Steuern und Buchhaltung beschäftigen. Als Einzelrechtsanwältin ist man erst mal auf sich allein gestellt und muss jede neue Herausforderung allein meistern – aber gerade das ist „Fluch und Segen“ zugleich, denn die Freiheit und Unabhängigkeit in der Selbstständigkeit sind für mich persönlich das höchste Gut.
In welchen Bereichen beraten Sie denn Ihre Mandanten und worin besteht dabei Ihr USP?
Ich berate im sogenannten „grünen Bereich“ des Gewerblichen Rechtsschutzes und hier insbesondere im Markenrecht, Urheberrecht, Medienrecht und Wettbewerbsrecht. Meine Mandanten sind überwiegend StartUps und junge Unternehmen, die sich eine nationale oder internationale Marke und einen rechtssicheren Internetauftritt aufbauen möchten. Zusammen gestalten wir dann auf Augenhöhe eine Strategie, um die Unternehmensrechte bestmöglich abzusichern und Vermögenswerte aufzubauen. Geht es also um die Sicherung von Marken- oder Designrechten, Kopien/Nachahmungen von Produkten oder Unternehmensinhalten oder Abmahnungen von Konkurrenten berate ich meine Mandanten außergerichtlich und vertrete diese auch international vor Marken- und Patentämtern und nationalen Gerichten. Meine Rechtsberatung erfolgt digital z.B. per Videokonferenz und ganz locker per „du“ – denn ich möchte, dass meine Mandanten gerne und vor allem unkompliziert mit mir zusammenarbeiten können.
Vor Ihrer Gründung waren Sie zunächst in einer Großkanzlei als Anwältin angestellt. Wenn Sie noch einmal zurückblicken, inwiefern hat sich Ihr Arbeitsalltag verändert, seit Sie Ihre eigene Chefin sind?
Mein Arbeitsalltag als selbstständige Einzelrechtsanwältin ist fast gar nicht mehr mit dem als angestellte Rechtsanwältin vergleichbar, da ich mir meine Fälle nun zum einen selbst aussuchen kann und zum anderen meinen Tagesablauf völlig frei bestimmen kann. Meine Arbeit ist dadurch viel abwechslungsreicher geworden, da ich Mandanten in verschiedenen Rechtsgebieten von Anfang an bis Ende begleite und neben der rein fachlichen Arbeit auch viel mehr Mandantenkontakt habe. Daneben schreibe ich viele Blogartikel, nehme Podcasts auf und halte Vorträge – man kann sich als selbstständige Rechtsanwältin also viel besser aussuchen, wie man seinen Arbeitsalltag gestalten möchte. Ich arbeite darüber hinaus auch öfter aus dem Ausland und berate meine Mandanten digital – das wäre in diesem Umfang als angestellte Rechtsanwältin nicht möglich gewesen.
Sie haben einen Fachanwaltstitel im Gewerblichen Rechtsschutz und einen LL.M.-Abschluss in „International Law“ an der University of Miami mit einer Spezialisierung auf den Gebieten des Marken-, Medien- und Urheberrechts. Wie wichtig sind Ihrer Meinung nach Zusatzqualifikationen für die Selbstständigkeit?
Der LL.M. hat mir persönlich geholfen, selbständiger zu arbeiten und meine Rhetorik zu verbessern – daneben hat sich mein Englisch, dass ich gerade bei internationalen Markenverfahren häufig benötige, gefestigt. Ich denke daher, dass der LL.M. gerade für die Selbstständigkeit eine sinnvolle Ergänzung des Jurastudiums in Deutschland darstellt.
Meinen Fachanwalt habe ich im theoretischen Lehrgang bereits bestanden, bis ich diesen aber auch „praktisch“ beantragen kann, fehlen mir noch ein paar Fälle und einige Monate, bis ich die nötigen drei Jahre als Rechtsanwältin zugelassen bin. Meiner Meinung nach ist der Fachanwaltstitel gerade für selbstständige Anwälte eine super Möglichkeit, um sich von der Konkurrenz abzuheben und vertiefte Fachkenntnisse auf bestimmten Rechtsgebieten hervorzuheben.
Welche Fähigkeiten bzw. Eigenschaften sollte man denn unbedingt mitbringen, um erfolgreich eine eigene Kanzlei zu führen?
Selbstdisziplin, Eigenverantwortlichkeit und Organisation – mit einer eigenen Kanzlei muss man selbst höchst motiviert sein, täglich eine Vielzahl an Entscheidungen treffen und Fristen etc. im Überblick behalten.
Wenn einem diese Eigenschaften liegen, ist die Selbstständigkeit ein toller juristischer Werdegang, den ich nicht mehr missen möchte. Der eigene Einsatz wird in jedem Fall mit glücklichen Mandanten und einem verlässlichen Einkommen belohnt!
Stichwort Mandantenakquise. Wie gelingt es Ihnen denn potenzielle Mandanten auf sich aufmerksam werden?
Das wichtigste Thema zu Beginn der Selbstständigkeit ist definitiv das Kanzleimarketing. Ich selbst bin mit 0 Mandanten in die Selbstständigkeit gestartet und habe diverse Marketingmittel ausprobiert, um für mich den besten Weg zu finden. Dieser besteht zum einen daraus im Netz „auffindbar“ zu sein, eine starke Kanzleiwebseite zu haben und eine individuelle Kanzleiphilosophie zu vermitteln. In meinem Fall der Weg über Social-Media-Kanäle: Auch Anwälte können nahbar und individuell sein, ohne an Fachkompetenz einbüßen zu müssen. Zum anderen finde ich es sehr wichtig, über verschiedene Kanäle aktiv zu sein (Blogartikel, Vorträge, Events, Social Media etc.) und sich zeitgleich ein breites Netzwerk an Kollegen und Mandanten aufzubauen.
Wie wichtig ist Personal Branding in diesem Zusammenhang?
Ich denke es ist entscheidend für sich selbst herauszufinden, wie und mit wem man zusammenarbeiten möchte und dann genau dieses Publikum mit seiner Akquise anzusprechen. Ich bin ein Fan von „Personal Branding“ – denn das Anwaltsbusiness ist und bleibt „People Business“. Daher finde ich es gut und wichtig sich auch selbst als Rechtsanwältin bzw. eigene Persönlichkeit darzustellen und einen direkten und unkomplizierten Austausch mit Mandanten zu ermöglichen.
Dieses Prinzip könnte auch bei der Mitarbeiterakquise hilfreich sein… Suchen Sie denn derzeit nach Mitarbeitern und wenn ja, was sollten diese mitbringen?
Auf lange Sicht gesehen soll meine Kanzlei wachsen und hierfür braucht es tolle Mitarbeiter. Wichtig ist mir insbesondere die Motivation und das Interesse an einer digitalen, modernen Kanzlei mitzuwirken. Ansonsten interessiert mich insbesondere „wer“ hinter potentiellen Bewerben steckt, also was diese Person ausmacht und warum sie sich von anderen unterscheidet.
Vielen Dank für das Gespräch!
Über die Interviewpartnerin:
Alexandra Lederer LL.M. (Miami)
ist Rechtsanwältin der Kanzlei LedererLegal, berät deutschlandweit auf den Gebieten des Marken-, Urheber-, Wettbewerbs- und Internetrechts mit einer Spezialisierung auf Rechtsprobleme von Gründern und Gründerinnen. Sie unterstützt Start-Ups bei allen auf dem Gründungsweg auftretenden Rechtsfragen und bietet außergerichtliche und gerichtliche Vertretung rund um den Themenbereich „Geistiges Eigentum“ an.