Hannover ist Indianerland…

von Nils König, RA/StB/FAStR, derzeit als Syndikus-Steuerberater und stv. Leiter der Steuerabteilung bei der Norddeutschen Landesbank – Girozentrale in Hannover tätig

Der Verein zur Förderung der Steuerrechtswissenschaft an der Leibniz Universität Hannover e.V. möchte Hannover zum Steuerrechtsstandort machen.

Hannover ist nicht für vieles bekannt – am ehesten noch für den Umstand, dass die Stadt ständig unterschätzt wird. Was das Steuerrecht angeht, möchte dies der Verein zur Förderung der Steuerrechtswissenschaft an der Leibniz Universität Hannover e.V. (VFS Hannover) gerne ändern. An der Leibniz Universität kann man zwar in der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät die Betriebliche Steuerlehre vertiefen, ein entsprechendes Angebot in der juristischen Fakultät gibt es jedoch nicht. Interessierte werden bislang auf den Masterstudiengang in Osnabrück verwiesen. Damit fehlen dem Arbeitsmarkt in Hannover etliche Kräfte und den Jura-Studenten elementare Bausteine in der Ausbildung.

Dieser Missstand soll jetzt behoben werden. Vor zwei Jahren haben Dr. Thomas Keß (Richter am Finanzgericht) und Dr. Zacharias-Alexis Schneider (RA/StB/FAStR) den Verein ins Leben gerufen.

„Die Idee kam mehr oder weniger zufällig beim Bier, als wir uns darüber unterhielten, wie schwer es für Kanzleien und Unternehmen in Hannover ist, Juristen mit steuerlichen Kenntnissen zu gewinnen. Andererseits ist das Interesse der Studierenden an diesem Rechtsgebiet groß“, sagt Keß. „Ich war während meines Studiums auch davon überrascht, dass es ein solches Angebot in Hannover nicht gibt“, meint Schneider, der aus Hannover stammt und selbst den Aufbaustudiengang in Osnabrück absolviert hat.

So haben beide einen Verein ins Leben gerufen und in sehr kurzer Zeit nebenbei ein respektables informelles Netzwerk aus Praktikern der Wirtschaft und der Finanzverwaltung – gepaart mit studentischen Mitgliedern – formiert. Der Kontakt zur juristischen Fakultät soll weiter ausgebaut werden. Insbesondere die Steuerberater betonen die Wichtigkeit der Ausbildung am Standort. „Wenn die Studenten erstmal weg sind, kommen viele nicht nach Hannover zurück. Oder haben Gehaltsvorstellungen, die hier im Umfeld nicht realistisch sind“ sagt Schneider. Einige Kanzleien und auch ganze Unternehmen unterstützen den Verein. Sie versprechen sich davon, dass Bewerber nicht aus dem gesamten Bundesgebiet zusammengesucht werden müssen, sondern dass regional ausgebildet wird.

Der Verein organisiert Symposien und Jour Fixes, die zwar thematische Schwerpunkte haben, aber auch Freiraum lassen zum Netzwerken und gegenseitigen Austausch. Für die bisherigen Veranstaltungen konnten sehr hochkarätige Referenten gewonnen werden.
Alleine dadurch hat der Steuerstandort Hannover schon stark profitiert. Die Referenten wiederum waren begeistert, was in Hannover rein ehrenamtlich mittlerweile alles auf die Beine gestellt wird.
Die Symposien finden in der Regel ganztägig an der Universität statt und werden auch von den Studierenden gut angenommen.
Der Jour Fixe findet als Abendveranstaltung bei Unternehmen oder Kanzleien statt, die einen steuerlichen Input leisten und auch Gelegenheit haben, sich zu präsentieren. Beide Formate kommen gut an und sind mittlerweile etabliert.

Der starke Mitgliederzuspruch hat auch Keß und Schneider überrascht. Fast 200 Kanzleien und Einzelpersonen sind schon eingetreten. „Dies ist in der Kürze der Zeit ein deutliches Signal, dass unser erster Eindruck richtig war“, lachen Keß und Schneider. „Außerdem interessieren sich auch viele Institutionen mittlerweile für uns. Diese verstehen, dass wir keine Konkurrenz, sondern Bereicherung sein wollen“ so Schneider. „Dass dies noch nicht bei allen potentiellen Kooperationspartnern so gesehen wird, ist bedauerlich“, so Keß „aber vielleicht geben wir uns dafür weitere zwei Jahre“.

Hauptanliegen der vielen Engagierten des Vereins ist aber, die Studierenden für das Steuerrecht zu erwärmen. Dafür wird ein guter Teil der  eingenommenen Mittel für Exkursionen zu steuerlichen Institutionen oder Veranstaltungen und für Stipendien vergeben. Außerdem profitiert die Uni- Bibliothek von Buchspenden – Steuerliteratur natürlich. „Wenn wir hier keine Brücken bauen, hat derzeit kaum ein Jura-Student Möglichkeiten, um sich steuerlich fortzubilden“ sagt Schneider. „Da ist Hannover einfach Indianerland“. Der Vergleich passt: „Hannover ist Indianerland“ ist der Claim des örtlichen Eishockeyclubs und auch die spielen gerade nicht erstklassig.

Quelle DStR 36/2017