Denken wie ein Unternehmer – Warum brauchen Juristen einen MBA?

von Dr. Kay E. Winkler

Um Unternehmen erfolgreich rechtlich zu beraten, reicht die Beherrschung des juristischen Handwerkszeugs schon lange nicht mehr aus. Neben einer fundierten rechtswissenschaftlichen Ausbildung wird das Verständnis für Grundlagen der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre immer wichtiger. Kostenrechnung, Marketingstrategien und Personalführung müssen genauso beherrscht werden wie der Umgang mit Gesetzesbüchern und Paragraphen. Dabei unterscheidet sich die Führung einer Kanzlei nur wenig von der eines Unternehmens.

Betriebswirtschaftliche Zusammenhänge spielen im Jura-Studium jedoch fast keine Rolle. Das Aufbaustudium zu einem Master of Business Administration (MBA) bietet Juristen die Chance, sich mit Management-Kompetenzen weiter zu qualifizieren.

Unternehmensjuristen müssen betriebswirtschaftliche Fragen rechtlich absichern

Für anspruchsvolle Aufgaben und höhere Positionen vor allem in größeren Unternehmen sind betriebswirtschaftliche Zusammenhänge für die tägliche Arbeit der Juristen unabdingbar. Inhouse-Juristen wie externe Rechtsanwälte müssen die wirtschaftlichen Ziele des Unternehmens verstehen und die ökonomischen Risiken im Auge behalten. Zunehmend ist eine interdisziplinäre Sichtweise zwischen juristischen und wirtschaftlichen Sachverhalten gefragt.

„Ohne ein Verständnis der betriebswirtschaftlichen Grundlagen, wie der des Funktionierens von Märkten, der Unternehmens- und Projektfinanzierung, der Steuerung von Produktabläufen, der Mitarbeiterführung, des Vertriebs und der Logistik, wird ein Jurist ein Unternehmen nicht auf Augenhöhe beraten können,“ weiß Alexander von Reden aus eigener Anschauung zu berichten. Der Partner bei CMS Hasche Sigle in Frankfurt am Main hat aus diesem Grund ein MBA-Studium absolviert.

„Auch um kreative Gestaltungen für die Beziehungen des Unternehmens zu seinen Gesellschaftern und Kapitalgebern, Lieferanten, Absatzmittlern, Kunden oder Mitarbeitern entwickeln zu können, braucht man ökonomisches Fachwissen“, fügt er hinzu. „Gleichermaßen ist dieses für die Beurteilung und Absicherung der Chancen und Risiken einzelner Geschäfte, wie beispielsweise von Unternehmenskäufen, essenziell.“

Welche Vorzüge die Weiterqualifizierung durch ein MBA-Studium hat, bringt von Reden auf den Punkt: „Eine Zusatzausbildung wie der ‚MBA in General Management‘ bietet dem unternehmensberatend tätigen Juristen den Vorteil, in kompakter Form einen Gesamtüberblick über alle für die Leitung eines Unternehmens relevanten Bereiche aus der Sicht der Unternehmensführung zu erhalten und dabei gleichzeitig in Austausch mit Teilnehmern mit unterschiedlichem fachlichen Hintergrund, unterschiedlichsten Aufgabengebieten und aus den unterschiedlichsten Branchen zu treten und von deren Kenntnissen und Erfahrungen zu profitieren.“

Rechtsanwaltskanzleien profitieren ebenfalls von solidem BWL-Wissen

Neben der Bedeutsamkeit wirtschaftlichen Know-Hows für die rechtliche Beratung und Betreuung von Unternehmen sind Kenntnisse der Betriebswirtschaftslehre (BWL) auch innerhalb einer Kanzlei relevant. Denn auch hier herrschen kaufmännische Strukturen wie sie in jedem Unternehmen zu finden sind.

Spätestens auf dem Weg zum Partner merken Rechtsanwälte, dass ein zweites Staatsexamen eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für eine erfolgreiche Kanzleikarriere ist.

Dr. Jördis Ambach, Rechtsanwältin mit dem Schwerpunkt Handels- und Gesellschaftsrecht bei der sächsischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterkanzlei PETERSEN HARDRAHT PRUGGMAYER, entschied sich nicht zuletzt aus eben diesen Gründen für einen MBA: „In der juristischen Ausbildung wird leider nicht immer viel Wert auf wirtschaftliches Verständnis, ökonomische Zusammenhänge und strategisches Denken gelegt. Durch ein berufsbegleitendes MBA-Studium habe ich dieses zusätzliche Managementwissen erlangt, was mir bei der täglichen Beratung unserer Mandanten enorm hilft. Und natürlich habe ich auch meine interpersonellen Fähigkeiten verbessert.“

Nach Ambachs Ansicht gehören neben den Aufgaben des Managements in einer Kanzlei eben auch Führungs- und interpersonelle Kompetenzen im Bereich Verhandlung, Kommunikation und Teammanagement zu von Juristen benötigten BWL-Grundkenntnissen.

Ambach sieht darüber hinaus in der Marketingausbildung innerhalb eines MBA-Programms Vorteile, da Akquisition und Mandantenbindung auch für mittelständische wirtschaftsrechtlich beratende Kanzleien sehr wichtig seien.

MBA-Studium schafft Verständnis für interdisziplinäre Sachverhalte

Das MBA-Studium richtet sich in der Regel an Fach- und Führungskräfte, die hochmotiviert sind, erste Berufserfahrung mitbringen, neue Karriereoptionen verfolgen und sich breiter aufstellen wollen.

Der Schwerpunkt des Studiums liegt auf der praxisnahen Förderung unternehmerischen Denkens und Handelns. So verfolgt beispielsweise der berufsbegleitende MBA der HHL Leipzig Graduate School of Management (HHL) einen innovativen, integrierten Ansatz bei der Entwicklung von Leadership- und Management-Kompetenzen. Die Studenten lernen anhand anspruchsvoller praxisnaher Managementaufgaben, interdisziplinäre Lösungswege zu nutzen.

Zu den Kursen des international ausgerichteten, englischsprachigen Masterprogramms gehören die klassischen Fachgebiete der BWL, wie Buchführung, Finanzierung, Logistik und Strategie. Eine zentrale Rolle spielt die Entwicklung der persönlichen Führungskompetenzen, Problemlösungsfähigkeiten und der Verhandlungsstärke. Neu im Kursprogramm sind u. a. disruptive Geschäftsmodelle und der Aufbau eines Grundverständnisses von Coding und Datenverarbeitung.

Clemens Schülke, MBA Absolvent und jetzt Leiter des Amtes für Wirtschaftsförderung der Stadt Leipzig, fasst den Mehrwert eines MBA-Studiums treffend zusammen:

„Der Jurist und der Manager, beide schauen auf die gleiche Welt; allerdings von verschiedenen Blickwinkeln. Am Ende müssen beide zum Erfolg des Unternehmens beitragen. Missverständnisse, die auf einem unterschiedlichen Wortschatz, einer andersartigen Kommunikationsform beruhen, können vermieden werden, wenn man die Kultur und die Sprache des jeweils anderen erlernt hat.“

Ein berufsbegleitendes MBA-Studium an der HHL ist auf Grund der klaren Wochenendstruktur und des modularen Aufbaus ideal mit den beruflichen Herausforderungen zu vereinbaren. Das Studium mit 17 Wochenenden in Leipzig und 2 Modulwochen dauert insgesamt zwei Jahre.

Über den Autor:

Dr. Kay E. Winkler
Jurist und Rechtsökonom,
Leiter des Rektorats und Dozent der
HHL Leipzig Graduate School of Management