Mit Persönlichkeit punkten: Vor der Kamera souverän auftreten und mit klaren Botschaften gewinnen

von Susanne Kleiner, freie PR-Beraterin, Texterin, Journalistin und Mediatorin, München

Immer mehr Kanzleien nutzen Pressearbeit, um als Experten bekannt zu werden. Wie Anwälte als Interviewpartner eine gute Figur abgeben und mit starken Statements überzeugen, beschreibt Susanne Kleiner.

Klarheit schafft Vertrauen

Versierte Gesprächspartner bringen in ein bis drei Sätzen den Kern ihrer Aussage auf den Punkt. Das dauert nicht länger als zwanzig bis dreißig Sekunden. Wer punktgenaue Botschaften kurz und knapp verlautbart, verhindert, dass das Statement geschnitten wird. Sonst werden nur Teile des Originalzitats veröffentlicht, die lediglich Randaspekte behandeln und die Information verfälschen. Wer klar, einfach und verständlich spricht, einer natürlichen Sprachmelodie folgt und nachvollziehbar strukturiert, kommt an. Dabei gilt: Ein Gedanke, ein Satz. Juristendeutsch, Fremdwörter und Fachausdrücke sind tabu. Bildhafte Ausdrücke und Zahlen oder Fakten stützen Erklärungen. Die Stimme führt am Satzende nach unten und mündet in einer Pause. Erfolgreiche Sprecher üben das und stärken damit ihre Autorität.

Vorbereitung ist alles

Die Denkwelt von Rechtswissenschaftlern hat mit einer medientauglichen Sprache ungefähr soviel zu tun wie ein Schneemann mit einer Südseeinsel. Hinzu kommt: Interviews fördern Nervosität. Nur wer sich intensiv vorbereitet, kann mit stichhaltigen Antworten punkten, bewahrt Ruhe und behält das Heft in der Hand. Das wirkt sich überdies auf das „Wie“ aus: Profis sprechen im Brustton der Überzeugung und setzen ihre Körpersprache selbstsicher ein. Mit ihren Textbausteinen im „Rucksack“ verhindern sie, dass ihnen Antworten entweichen, die nicht gewollt sind. Ist das Kind erst einmal in den Brunnen gefallen, wirbelt die Medienwelt das Thema unwiderruflich auf. Die gute Nachricht ist: Kanzleien, die aktive Pressearbeit betreiben, werden selten von Anfragen überrascht. Falls doch: Es ist vollkommen in Ordnung, zurückzurufen; am besten jedoch innerhalb einer
Stunde.

In Schlagzeilen denken

Redakteure haben ihr Storyboard im Kopf. Kluge Anwälte gestalten diese Gedankenskizze in ihrem Sinne mit. Sie denken in Schlagzeilen. Was soll in der Öffentlichkeit ankommen? Wie kann ich mein Thema verdichten und geschickt zuspitzen? Für welche Werte stehe ich? Es ist ein Muss, Journalisten so respektvoll wie professionell auf Augenhöhe zu begegnen. Vorsicht vor kumpelhaftem Geplauder und Ausflüchten wie Jein-Antworten oder Intros wie „Lassen Sie mich zuerst einmal erläutern ...“. Der Grund: Interviewpartner outen sich entweder als unprofessionell oder unsicher. Auch Ironie, Sarkasmus, fragwürdige Scherze und Sticheleien über Wettbewerber sind ein „No Go“. Gegenfragen können ein Weg sein, um Zeit zu schinden. Konter gehen leicht nach hinten los, wenn sie aus Unsicherheit heraus entstehen. Menschen überzeugen, wenn sie ihre Position auf den Punkt bringen. Beliebte Experten komprimieren deshalb die Essenz komplexer Fälle in einem Satz. Starke Statements sind kompakt, stimmig und positiv. Das impliziert auch die Kunst, einen sachlichen Ansatz aus negativen Fragen zu filtern und die eigene Haltung konstruktiv zu vermitteln. Übrigens: Statements müssen nicht zwingend die Fragen der Journalisten beantworten: Kernbotschaften wirken so oder so.

Kühler Kopf in heißen Fällen

Kriminalität oder heftige Streitigkeiten haben das Zeug zu einer Story und locken die Presse an. So unbequem Interviews dann auch sind, so vernichtend wirken sich Abwehrmechanismen oder Attacken aus. „Kein Kommentar“ ist definitiv keine Lösung: Wer blockt, hat offensichtlich Dreck am Stecken. Erfahrene Kommunikatoren beziehen frühzeitig Position mit Hilfe einer Schlüsselbotschaft und entgehen somit einer medialen Hetzjagd. Die Berichterstattung flackert kurzfristig zwar trotzdem auf, beruhigt sich danach jedoch wesentlich schneller. Und sie sprechen in sensiblen Fällen niemals „off the records“. In erster Linie geht es darum, Berichterstattungen ganz zu vermeiden oder eine chancengleiche Medienresonanz zu erwirken. Souveräne Sprecher verteidigen sich nicht, provozieren nicht und sprechen keine Schuldzuweisungen aus. Und sie verwickeln sich nicht in Widersprüche. Klug ist es, Verdachtsmomente aufzugreifen, jedoch nicht explizit darauf einzusteigen. Profis vermeiden Vokabular wie Staatsanwaltschaft, Klage, Ermittlungsverfahren, Vorwurf oder Gerichtsprozess. Denn damit haften sie sich selbst die negativ konnotierten Reizwörter ans Revers und begeben sich auf explosives Terrain. Nach dem ersten Statement heißt es: Zurückhaltung inszenieren, nicht überall mitmischen und womöglich neue Wendungen riskieren. Das ist brandgefährlich.

Bleiben Sie sich treu

Wer authentisch ist, sagt, was er denkt und handelt auch danach. Deshalb stellen sich Gesprächspartner nicht nur inhaltlich-strategisch, sondern auch mental auf das Interview ein. Sie verkleiden sich nicht, „nur“ weil ein Kamerateam auf der Matte steht. Wohlfühlen ist wichtig. Professionelle Sprecher tragen bequeme, schöne Schuhe, schließen ihren Kragenknopf und verzichten auf große Muster. Einfarbige Hemden und Krawatten beruhigen das Bild. Wichtig für Männer: Erfahrene Interviewpartner pudern ihr Gesicht, bevor sie vor die Kamera treten. Und: All das kann man lernen. Deshalb nutzen ambitionierte Rechtsanwälte Medien- und Sprechertrainings, um sich gelassen und selbstbewusst in den Medien ins rechte Licht zu rücken.

www.susanne-kleiner.de/

www.trainings-workshops-seminare.de/

Quelle BECK Stellenmarkt 20/2015