Berufsbilder: Der Rechtsanwalt beim BGH in Zivilsachen

von Malte Drews, Diplom-Jurist und Promotionsstudent an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Nicht zuletzt durch das jüngste Scheitern eines Rechtsanwalts vor dem Bundesverfassungsgericht, der die Zulassung als Anwalt beim BGH in Zivilsachen begehrte (BVerfG, Beschl. v. 13.06. 2017 – 1 BvR 1370/16), ist diese zwingend benötigte Zulassung, um vor dem BGH in Zivilsachen auftreten zu dürfen, wieder verstärkt in den (juristischen) Fokus gerückt.

Rechtsanwalt beim BGH in Zivilsachen: Die erforderliche Zulassung

Dabei mag die notwendige Zulassung aus heutiger Sicht zunächst befremdlich wirken, denn mit Bestehen des Zweiten Staatsexamens erlangt der Jurist die Befähigung zum Richteramt, § 5 Abs. 1 DRiG. Hiermit erlangt der Assessor auch die – grundsätzliche – Möglichkeit, als Rechtsanwalt zugelassen zu werden. Erfüllt er die in der BRAO geregelten Voraussetzungen, so ist er als Rechtsanwalt zuzulassen und darf vor jedem deutschen Gericht auftreten.

Die einzige Ausnahme bildet dabei der BGH in Zivilsachen, § 78 Abs. 1 S. 3 ZPO. Dabei hat diese besondere Zulassung eine lange Tradition, galt sie doch seit Inkrafttreten der Reichsjustizgerichte im Jahre 1879 und hatte früher eine instanzgerichtliche Entsprechung, da man auch für das Auftreten vor den Oberlandesgerichten eine spezielle Zulassung benötigte. Bemerkenswert hierbei ist, dass es diese besondere Zulassung nur für die anwaltliche Tätigkeit am BGH für Zivilsachen und nicht bei den anderen obersten Gerichtshöfen gibt, gleichwohl eine durch das Justizministerium beauftragte Kommission herausgefunden hat, dass dies wünschenswert wäre.

Das Zulassungsverfahren

Das Zulassungsverfahren für die Rechtsanwälte beim BGH ist in den §§ 164 ff. BRAO geregelt. Zuständig für die Zulassung ist ausschließlich das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz.

Dabei ist das Ministerium hinsichtlich der zuzulassenden Rechtsanwälte an die durch den Wahlausschuss benannten Personen gebunden. Regelmäßig benennt dieser doppelt so viele Anwälte wie er für erforderlich hält, allerdings ist das Ministerium an diese Anzahl nicht gebunden, sondern entscheidet nach eigenem Ermessen. Dabei setzt sich der Wahlausschuss aus Richtern und Rechtsanwälten am BGH sowie Vertretern der Bundesrechtsanwaltskammer zusammen, diese benennen sodann die Rechtsanwälte, die durch Listen der verschiedenen Rechtsanwaltskammern vorgeschlagen wurden.

Zwingende Voraussetzungen für die Aufnahme in diese Listen sind erstens eine mindestens fünfjährige unterbrechungsfreie Ausübung des Berufs des Rechtsanwalts und zweitens muss der betreffende Anwalt mindestens 35 Jahre alt sein.

Die (sonstigen) Zulassungsvoraussetzungen

Neben diesen formalen Voraussetzungen hat das Bundesverfassungsgericht weitere Erfordernisse für die Zulassung als Rechtsanwalt beim BGH konturiert.

Demnach sind für die Zulassung „weit überdurchschnittliche Kenntnisse und Fähigkeiten, die forensische Erfahrung und die Befähigung zum praktischwissenschaftlichen Arbeiten“ erforderlich (BVerfG, Beschl. v. 27.02.2008 – 1 BvR 1295/07, Tz. 10). Dabei muss sich der Anwalt hervorragend im gesamten Zivilrecht auskennen und geeignet sein, das hohe Ansehen der Rechtsanwälte beim BGH zu bewahren.

Folgen der Zulassung als Rechtsanwalt beim BGH in Zivilsachen

Wenn jemand als Rechtsanwalt beim BGH in Zivilsachen zugelassen wird, darf er auch grundsätzlich nur noch vor diesem auftreten, es handelt sich also um eine sogenannte Singularzulassung. Ausnahmen stellen lediglich die anderen obersten Gerichtshöfe, das Bundesverfassungsgericht und der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe dar. Außerdem hat die Kanzlei des Anwalts am Sitz des BGH, also in Karlsruhe, zu sein und der Anwalt ist Pflichtmitglied in der Rechtsanwaltskammer beim BGH. Zwar kann der Anwalt eine Sozietät bilden, allerdings nur mit einem weiteren Anwalt, der auch beim BGH zugelassen sein muss.

Die Zwecke der speziellen Zulassung

Durch die besondere Zulassung soll die Anzahl der beim BGH zugelassenen Anwälte dem erforderlichen Bedarf angepasst werden. Damit soll ein Gleichgewicht zwischen der ausreichenden Auslastung der Anwälte und einer hinreichenden Wahlmöglichkeit, an welchen Anwalt man sich wendet, erhalten bleiben. Eine Aufhebung der besonderen Zulassung würde dabei einen erhöhten Konkurrenzdruck bewirken, der zu Lasten der qualitativen Arbeit der Anwälte führen könnte. Darüber hinaus tragen speziell zugelassene Anwälte zur Qualität und Weiterentwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei. Dies kann unter anderem dadurch erfolgen, dass sie eine „Filterfunktion“ wahrnehmen und aussichtlose Fälle bereits vorab aussortieren. Dafür sei auch die Singularzulassung erforderlich, da die Anwälte sich so ausschließlich mit der Rechtsprechung und dem Verfahren vor dem BGH auseinandersetzen könnten und dementsprechend dies bestens beherrschen würden.

Fazit

Die Zulassung als Rechtsanwalt vor dem BGH in Zivilsachen ist sehr begehrt, zumal diese Tätigkeit attraktiv vergütet wird und neue Zulassungen nur sehr selten stattfinden. Zurzeit gibt es lediglich 43 zugelassene BGH-Anwälte in Deutschland. Dabei sind die an diese Anwälte gestellten Anforderungen erheblich und erfordern umfangreiche Qualifikationen der Bewerber.

Foto oben: Blackosaka/stock.adobe.com

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Quelle BECK Stellenmarkt 20/2017