Aufgaben des Insolvenzrechtlers bei der Privatinsolvenz

von Malte Drews, Diplom-Jurist und Promotionsstudent an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Hört man den Begriff Insolvenz, so denkt man häufig zuerst an insolvente Unternehmen mit Massenentlassungen und einem Vertrauensverlust der Öffentlichkeit in ganze Wirtschaftszweige. Wesentlich häufiger als eine Unternehmensinsolvenz sind in Deutschland jedoch Privatinsolvenzen, in deren Verlauf an vielen Stellen dem Insolvenzrechtler Aufgaben zukommen.

Die Privatinsolvenz

Spricht man von einer Privatinsolvenz, so sind damit oft Insolvenzen im Sinne des Verbraucherinsolvenzverfahrens gem. §§ 304 ff. InsO gemeint.
Das betrifft zum einen die Insolvenz von Personen, die keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt haben, zum anderen jene von Personen, die eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt haben, deren Vermögensverhältnisse jedoch überschaubar sind – sie also weniger als 20 Gläubiger und keine Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen haben.

Zweck des Verbraucherinsolvenzverfahrens

Im Gegensatz zum Regelinsolvenzverfahren, dessen oberste Priorität es ist, die Gläubiger möglichst umfangreich zu befriedigen, soll das Verbraucherinsolvenzverfahren dem Schuldner an erster Stelle die Möglichkeit bieten, sich von seinen Verbindlichkeiten zu befreien und ihm auf diese Weise einen „Neuanfang“ zu ermöglichen.

Die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens

Möchte der Schuldner selbst einen Insolvenzantrag stellen, muss er sich zunächst außergerichtlich um eine Einigung mit den Gläubigern bemühen. Dabei kann er sich von Schuldnerberatungsstellen und zum Teil auch von Rechtsanwälten unterstützen lassen. Scheitert diese Einigung, so muss sich der Schuldner dies von einer geeigneten Stelle – dazu gehören neben Anwälten etwa auch Steuerberater – nach einer persönlichen Beratung bescheinigen lassen. Erst jetzt kann der Schuldner einen Insolvenzantrag stellen. Für die Antragsstellung ist die Hinzuziehung einer Beratungsstelle oder eines Rechtsanwalts grundsätzlich nicht erforderlich, aber oft sinnvoll, um die umfangreichen Formalien der Antragstellung korrekt zu bewältigen. Das gilt insbesondere für die Stellung des Antrags auf Restschuldbefreiung und – soweit erforderlich – auf Verfahrenskostenstundung. An diese Antragsstellung knüpft gegebenenfalls der Versuch eines gerichtlichen Schuldenbereinigungsplans an, bei dem sich der Schuldner erneut unterstützen lassen kann. Sollte auch dieser scheitern oder wurde der Insolvenzantrag nur durch die Gläubiger gestellt, so wird das Verfahren – sofern die sonstigen Eröffnungsvoraussetzungen vorliegen – eröffnet.

Das eröffnete Verbraucherinsolvenzverfahren

Mit dem Eröffnungsbeschluss wird – wie auch im Regelinsolvenzverfahren – ein Insolvenzverwalter bestellt, der mittlerweile dieselben Befugnisse wie im Regelverfahren besitzt. Das heißt, er muss sich vor allem um die Verwertung des schuldnerischen Vermögens kümmern. Darüber hinaus kann der Insolvenzverwalter mit den Gläubigern und dem Schuldner auch einen Insolvenzplan ausarbeiten, der einen – unter Umständen günstigeren – Weg als das (normale) Insolvenzverfahren darstellt.

Wohlverhaltensphase

An das Insolvenzverfahren schließt sich die Wohlverhaltensphase an. Für diese Zeit wird ein Treuhänder im Sinne des § 288 InsO bestimmt, dies ist im Regelfall der vormalige Insolvenzverwalter. Dabei hat der Schuldner gem. § 287b InsO grundsätzlich eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben, denn um gem. § 287 Abs. 2 InsO in den Genuss der Restschuldbefreiung zu gelangen, hat er seine pfändbaren Bezüge für die Dauer von sechs Jahren – ab Insolvenzverfahrenseröffnung – an den Treuhänder abzutreten. Dieser verteilt das gepfändete Vermögen einmal jährlich an die Gläubiger. Insbesondere bei selbstständig Tätigen muss der Treuhänder ein fiktives angemessenes Einkommen ansetzen, auf dessen Grundlage dann die Höhe der abzutretenden Bezüge zu berechnen ist.

Neben dieser Abtretung hat der Schuldner weitere Obliegenheiten gem. § 295 InsO zu erfüllen, damit ihm die Restschuldbefreiung erteilt werden kann. Dabei kann der Treuhänder, damit beauftragt werden, die Einhaltung dieser Obliegenheiten zu überwachen.

Restschuldbefreiung

Nach Ablauf der sechsjährigen Wohlverhaltensphase, bzw. nach fünf Jahren, wenn der Schuldner die Verfahrenskosten bezahlen kann, oder nach drei Jahren, wenn er darüber hinaus 35 Prozent der Gläubigerforderungen befriedigen kann, erlangt der Schuldner Restschuldbefreiung. Die Versagung der Restschuldbefreiung ist in § 300 InsO geregelt. Dazu ist unter anderem auch der Treuhänder anzuhören, auf dessen Antrag die Restschuldbefreiung zu versagen ist, wenn die abgetretenen Beiträge, gem. § 298 InsO, zu niedrig sind.

Fazit

Es zeigt sich, dass der Insolvenzrechtler in jeder Phase des Verbraucherinsolvenzverfahrens von Relevanz sein kann. Dabei ist er am Anfang des Verfahrens vor allem in der Rolle des Schuldnerberaters unterwegs. Im Insolvenzverfahren selbst muss er als Insolvenzverwalter einen guten Ausgleich zwischen den Gläubigerinteressen und denen des Schuldners finden.
Im Rahmen der Wohlverhaltensphase und Restschuldbefreiung schließlich übernimmt er die Rolle des vertrauenswürdigen Treuhänders, der für eine geordnete Erfüllung der schuldnerischen Obliegenheiten sorgt. Insgesamt kann also festgehalten werden, dass auch im Rahmen der Privatinsolvenz die Aufgaben des Insolvenzrechtlers abwechslungsreich, vielfältig und herausfordernd sind.

Quelle BECK Stellenmarkt 14/2017