Die Digitalisierung unternehmerischer Geschäftsprozesseschreitet in den letzten Jahren stark voran. Neben den Möglichkeiten, neue Geschäftsmodelle von Grund auf digital abzubilden, gewinnt die Digitalisierung bestehender Geschäftsprozesse, die in der Vergangenheit noch papierbasiert abgewickelt wurden, immer stärker an Bedeutung.
Dafür sind viele Faktoren verantwortlich: So haben sich die technischen Übertragungsraten durch die Verwendung von Breitbandsystemen zunehmend stark verbessert. Auch die Hard- und Softwaresysteme – vom verfügbaren Speicherplatz, über die Auflösung bei der Anfertigung von Bildern bis zur Bedienbarkeit von Anwendungen – werden zunehmend besser und für jedermann ohne übermäßiges technisches Know-How verfügbar. Juristisches Know-How hingegen ist für eine erfolgreiche Digitalisierung dringend erforderlich. Und zwar nicht nur für Rechtsanwälte, die auf diesem Gebiet beratend tätig sind. Auch Anwälte, die die Geschäftsprozesse in ihrer eigenen Kanzlei digitalisieren, sollten die rechtlichen Grundlagen kennen.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen sollten insbesondere in den Fällen des immer beliebter werdenden Cloud Computing eingehalten werden.
Cloud Computing im Rechnungswesen
Als Cloud Computing wird eine spezielle Form des IT-Outsourcing bezeichnet, bei der von Dienstleistungsunternehmen i. d. R. über das breitbandige Internet IT-Dienstleistungen an Kunden erbracht werden. Dabei besteht keine feste Vereinbarung über die Exklusivität und die Belegenheit der verwendeten IT-Systeme, auch kann die Nutzungsüberlassung nur einen sehr kurzen Zeitraum umfassen. Im Rahmen der Buchführung in der Cloud besteht die Dienstleistung in der Zurverfügungstellung der Buchführungssoftware, zumeist verbunden mit Archivierungssystemen. Auch bei dieser Prozessausgestaltung sind die allgemeinen gesetzlichen und verwaltungsrechtlichen Regelungen zu beachten. Da der Standort des Servers, von dem aus die Dienstleistungen erbracht werden, beim Cloud Computing wechseln kann, ohne dass der Anwender (auslagerndes Unternehmen) darüber informiert wird, ist eine Genehmigung im Rahmen von § 146 Abs. 2a AO i. d. R. nicht zu erhalten.
Auslagerung des digitalen Belegwesens ins Ausland
Für steuerliche Zwecke muss die Buchführung eines Unternehmens grundsätzlich im Inland erfolgen (§ 146 Abs. 2 S. 1 AO). Dieser Grundsatz gilt unabhängig davon, ob die Buchführung in Papierform oder in elektronischer Form vorgenommen wird, wodurch ein Zugriff der deutschen Steuerbehörden auf die Buchführungsunterlagen sichergestellt werden soll. Auch sind davon ausländische Betriebsstätten inländischer Unternehmen erfasst. Der Ort der Buchführung und der Aufzeichnungen muss dabei nicht mit dem Ort der Geschäftsleitung oder dem Sitz übereinstimmen. Eine handelsrechtliche Entsprechung hierzu besteht übrigens nicht, aus § 13b HGB lässt sich keine vergleichbare Verpflichtung ableiten.
Ausnahmen hiervon gelten nur, soweit für eine im Ausland belegene Betriebsstätte eine Verpflichtung nach dortigem nationalen Recht besteht und dieser auch nachgekommen wird (§ 146 Abs. 2 S. 2 AO). Die nach ausländischem Recht ermittelten Ergebnisse sind dann in die Buchführung des inländischen Unternehmens aufzunehmen, soweit für die Besteuerung von Bedeutung. Dabei sind Anpassungen an das deutsche Steuerrecht, die nach ausländischem Recht keine Berücksichtigung fanden, gesondert zu kennzeichnen (§ 146 Abs. 2 S. 4 AO).
Eine Buchführung kann auch ohne ausländische Betriebsstätte für ein rein inländisch tätiges Unternehmen im Ausland erstellt werden, wenn diese elektronisch erstellt und durch das Unternehmen beantragt wird und die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind (§ 146 Abs. 2a AO):
– Der Steuerpflichtige teilt der zuständigen Finanzbehörde den Standort des Datenverarbeitungssystems mit (Mitteilung des Standorts). Dies ist insb. bei echten Cloud-Lösungen, bei denen die Speicherung auf Servern in Abhängigkeit der Serverkapazitäten an unterschiedlichen Orten erfolgen kann, problematisch.
– Der Steuerpflichtige teilt bei Inanspruchnahme eines Dienstleisters der zuständigen Finanzbehörde dessen Namen und Anschrift mit (Mitteilung des Dienstleisters).
– Der Unternehmer ist den folgenden Pflichten ordnungsgemäß nachgekommen (sog. Kooperationsbereitschaftsklausel).
– Mitwirkung nach § 90 AO, insb. die vollständige und wahrheitsgemäße Offenlegung von steuerlich relevanten Tatsachen, Auskunft nach § 93 AO, insb. die Auskunftserteilung aufgrund ergangener Auskunftsersuchen der Finanzbehörden
– Vorlage von Urkunden nach § 97 AO, insb. die Vorlage von Büchern, Aufzeichnungen, Geschäftspapieren aufgrund ergangener Vorlageverlangen
– Buchführung und Aufzeichnung nach §§ 140-147 AO, insb. die Erstellung von Büchern, Abschlüssen, Aufzeichnung von Wareneingang und -ausgang, Ordnung und Aufbewahrung von Unterlagen
– Mitwirkung nach § 200 Abs. 1, 2 AO, insb. durch Auskunftserteilung, Vorlage von Aufzeichnungen, Büchern und Geschäftspapieren im Rahmen einer Außenprüfung
– Der Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 AO wird in vollem Umfang ermöglicht.
– Die Besteuerung ist durch die Verlagerung in das Ausland nicht beeinträchtigt.
– Der Antrag des Unternehmers hat dabei in schriftlicher Form zu erfolgen, Papierunterlagen sind stets weiterhin im Inland zu führen und aufzubewahren.
Steuerliche Konsequenzen von Pflichtverletzungen
Mit dem Tatbestandsmerkmal der fehlenden Beeinträchtigung der Besteuerung wird die Bewilligung der Auslandsbuchführung auch daran gebunden, dass der Steuerpflichtige in der Vergangenheit seinen Pflichten ordnungsgemäß nachgekommen ist. Eine Bewilligung ist demnach u. a. in den Fällen beeinträchtigt, wenn das Abgabeverhalten des Steuerpflichtigen nicht ordnungsgemäß war. Auch kann die Finanzverwaltung die einmal erteilte Bewilligung widerrufen, sofern Umstände bekannt werden, die zu einer Beeinträchtigung der Besteuerung führen. Die Finanzverwaltung kann zudem den Unternehmer auffordern, die elektronische Buchführung unverzüglich in das Inland zurückzuholen, (§ 146 Abs. 2b AO). Die Missachtung einer solchen Aufforderung oder die Verletzung von Mitteilungspflichten kann erhebliche Konsequenzen haben: Es können Verzögerungsgelder zwischen 2.500 Euro und 250.000 Euro festgesetzt werden.