Entscheider an den Hochschulen kommen an den Studierenden nicht vorbei. Studierende sind die größte Statusgruppe an der Hochschule. Ohnehin treffen die meisten Entscheidungen die Gremien der Akademischen Selbstverwaltung. Der Apparat der Hochschulverwaltung führt diese „nur“ aus. Ähnlich ist es auf Ebene der Studierendenschaft: Das Studierendenparlament beschließt Themen und Haushalt, der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) führt die materielle Arbeit aus und wird von Studierendenparlament kontrolliert. Oft fällt in diesem Zusammenhang der Vergleich zu Bundestag und Bundesregierung, der freilich zu hoch gegriffen scheint, denn es handelt sich bei der Selbstverwaltung lediglich um Gremienarbeit, die die Hochschule betrifft und nicht etwa die ganze Universitätsstadt.
Ein relevanter Akteur
Und trotzdem ist der Allgemeine Studierendenausschuss ein wichtiger Gesprächspartner auch für die Politik. Denn wer etwa wie der Allgemeine Studierendenausschuss der Universität Kiel ein Zehntel der Stadtbevölkerung vertritt, den sollte man bei Entscheidungen nicht einfach übergehen.
Spannend daran ist, dass Mitglieder des AStAs allesamt ehrenamtlich arbeiten. Der Vorstand ist direkter Dienstvorgesetzter von hauptamtlich beschäftigten Mitarbeitern, die etwa für die Geschäftsführung des Millionenhaushalts, Beratungsangebote für Studierende oder die IT-Infrastruktur verantwortlich sind.
Was macht ein Allgemeiner Studierendenausschuss genau?
Aufgabengebiete für die ehrenamtlichen AStA-Mitglieder sind die Entwicklung von Themen, das Organisieren von Veranstaltungen und das Führen von sogenannten Referaten. Referate sind sozusagen die einzelnen Abteilungen.
Und da engagierte Studierende immer schon (zumindest seit den 68ern) besonders unverbrauchte Ideen und klare Ideale hatten, kommen Referate zustande, die sich beispielsweise um Antirassistische Arbeit, Sozialpolitische Themen, Ökologie auf dem Campus oder auch Pressearbeit und Zusammenarbeit mit den landespolitischen Akteuren beschäftigen. Auch zu wenig beachtete Themen, wie Inklusion und Barrierefreiheit auf dem Campus bekommen oft durch die Studierendenvertreter immer wieder neue Impulse.
Wieso gerade Jurastudierende?
Ein breites Aufgabenspektrum also, dessen Betreuung viel Arbeit und Organisationstalent erfordert. Wie jede Gremienarbeit in der Akademischen Selbstverwaltung wird die Arbeit im Allgemeinen Studierendenausschuss höchstens mit einer kleinen Aufwandsentschädigung entlohnt. Dennoch gibt es viele gute Gründe für Studierende besonders der Rechtswissenschaft, sich im Allgemeinen Studierendenausschuss einzubringen.
Zum einen sind Juristen für die Arbeit im politischen Bereich prädestiniert, zum anderen haben sie schon während ihres Studiums gelernt, besonders strukturiert und organisiert zu arbeiten. Auch macht es einfach Spaß, sich in einer Gruppe über Themen und deren Ausführung zu streiten, weil man überzeugende Argumentation nicht nur in gutachterlichen Fallbearbeitungen lernt, sondern direkt von Angesicht zu Angesicht. Durch den hohen Gestaltungsspielraum – jedes Referat hat mindestens einen eigenen Haushaltstitel und kann im Sinne der Studierendenschaft frei darüber verfügen – ist die Motivation auch eine ganz andere, denn es geht um etwas.
Verantwortung lernen
Wo viele junge Menschen politisch engagiert sind, ergeben sich natürlich besonders viele Konfliktlagen. Mit diesen umzugehen lernt man als Mitglied eines AStAs schnell, denn allein bekommt man selten ein Vorhaben umgesetzt, stets muss man seine Mitstreiter überzeugen. Schließlich hat man die Verantwortung, sorgfältig mit den von der Studierendenschaft erhobenen Beiträgen umzugehen. Geht im eigenen Referat etwas schief, muss man zwar nicht gleich mit Schadensersatzklagen von der Rechtsaufsicht (also dem Universitätspräsidium) rechnen, aber dennoch mit dem schlechten Gewissen, fremde Gelder eventuell sinnlos verloren zu haben. Auch wird das Studierendenparlament einen nach der Wahlperiode womöglich nicht für die Arbeit im AStA wiederwählen.
Examensvorbereitung geht vor!
Aber ohnehin sollte man nicht allzu lang solche Ämter ausüben. Genau wie manch ein Berufspolitiker an seinem Amt zu kleben scheint, hat auch Hochschulpolitik eine Art Suchtfaktor.
Besonders Jurastudierende sollten sich also darüber bewusst sein, dass spätestens die Zeit in der Examensvorbereitung wertvoller ist, als rechts und links noch ein paar Erfahrungen zu sammeln. Auch wenn nicht zuletzt die Erfahrungen in der Hochschulpolitik irgendwann so manch einen in hohe Ämter und Würden geleitet haben: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier etwa war zu seiner Studienzeit Finanzreferent im AStA der Justus-Liebig-Universität Gießen und noch dazu gewähltes Mitglied in dessen Akademischen Senat. Klar, Bundespräsident wird man in der Regel nicht, aber auch schon für die ersten Bewerbungen als Berufsanfänger etwa bei Behörden, NGOs und Verbänden hat man mit hochschulpolitischen Stationen in seinem Lebenslauf einen kleinen Vorsprung und möglicherweise ein Alleinstellungsmerkmal im Vergleich zu anderen Bewerbern.
Foto oben: Jacob Lund/stock.adobe.com
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