Erfahrungsbericht zum LL.M.-Studium am Georgetown University Law Center (GULC) in Washington, D. C.

von Stefan Peintinger, LL.M. (Georgetown), Referendar am LG München I und Doktorand am Lehrstuhl von Professor Stefan J. Geibel, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Mit meinem LL.M.-Studium am GULC in den USA ist 2012 / 2013 ein lang ersehnter Traum in Erfüllung gegangen. Ich wollte schon während des Studiums mehr Auslandserfahrung sammeln. Aufgrund meiner Verbundenheit zu den USA war ein LL.M.-Studium dort daher die ideale Kombination. Von dem LL.M. habe ich mir u. a. erhofft, dass ich mich mit den amerikanischen Ansichten zu Rechtsfragen aus den Bereichen des gewerblichen Rechtsschutzes, Informationstechnologien (IP/IT) und Medienrecht beschäftigen kann. Zudem wollte ich Menschen aus anderen Ländern kennenlernen. Beide Ziele habe ich erreicht.

Das Leben auf dem Campus

Wie viele andere Law Schools in den USA wird auch an der GULC eine „Summer School“ angeboten. An solchen Vorbereitungskursen nehmen Studierende aus der ganzen Welt und verschiedenen US-Law Schools teil.
Mein LL.M.-Jahrgang bestand aus Studierenden aus über 70 Ländern und im Alter von Anfang 20 bis Ende 50. „Summer Schools“ bieten eine großartige Gelegenheit, die neuen Kommilitonen kennenzulernen und sich an das Campusleben zu gewöhnen, bevor es richtig losgeht. Nachdem jeder zunächst auf dem Campus wohnt, konnte ich mich von dort um meine spätere Wohnsituation kümmern.

In dieser Zeit mussten die Kurse zusammengestellt werden. Ich habe den sogenannten „General Studies LL.M.“ gewählt und konnte mir daher meine Kurse frei aussuchen. Diese hatten überwiegend einen Bezug zu IP/IT, z. B. DatenschutzR, PatentR und UrheberR. GULC bietet aber auch speziellere LL.M.-Programme an, z. B. „Global Health“ und „Securities & Financial Regulation“.

Ich war zunächst überrascht, dass der Vorlesungsplan auf den ersten Blick sehr „schmal“ wirkte. Allerdings wurde der Unterschied zwischen einer deutschen und einer US-Uni schnell deutlich: Typisch für LL.M.-Programme in den USA sind sehr umfangreiche und anspruchsvolle Hausaufgaben („Assignments“), die ein wichtiger Bestandteil des Unterrichts sind. Dieser ist sehr interaktiv gestaltet und intensive Diskussionen sowie Erörterungen von Fallbeispielen mit dem Professor und den Kommilitonen sind die Regel.

Die Unterrichtsgeschwindigkeit und fachliche Tiefe sowie die Intensität der Diskussionen stellen eine große Herausforderung dar und sind gewöhnungsbedürftig.
An einer US-Law School geht es weniger um „richtig oder falsch“ bei der Analyse eines Sachverhalts. Vielmehr sollten wir erlernen, Argumente für die eine oder andere Ansicht zu entwickeln und formulieren zu können. Genau diese Fähigkeit ist Hauptbestandteil der oft so gefürchteten Abschlussprüfungen. Dennoch braucht niemand vor diesen ernsthaft Angst zu haben. Im Gegensatz zum deutschen System sind die Durchfallquoten sehr gering. Wer schlüssig und versiert argumentiert, hat sehr gute Chancen zu bestehen.

Aufgrund der unmittelbaren Nähe der Law School zum Capitol standen nahezu wöchentliche Besuche und Vorträge renommierter „Guest Speaker“ aus Politik, Wirtschaft oder der Wissenschaft auf dem Plan. Auch die Studentenschaft selbst ist sehr aktiv. So wurden z. B. wöchentliche Treffen auf dem Campus zum Austausch und gemeinsamen Lernen organisiert. Dieser ist zugegebenermaßen relativ klein, da die Law School außerhalb des Main Campus der Georgetown University liegt, was aber ein angenehmes und familiäres Campusleben begünstigte.

Ich persönlich verbrachte unter der Woche fast jeden Tag auf dem Campus. Dieser bietet alles, was man sich vorstellen kann. Ein großes Fitness Center mit Pool, viele Gemeinschaftsräume, eine große Cafeteria und ein kleines gemütliches Café. Dabei habe ich stets den Kontakt zu Amerikanern gesucht. Die LL.M.- Studenten sind grundsätzlich in Kursen mit „J. D.“-Studenten, also mit amerikanischen Jurastudenten. Zudem sind die Kurse immer relativ klein und die Lernatmosphäre ist sehr intensiv. Für Amerikaner ist „Networking“ extrem wichtig. Daher werden zahlreiche „Get-together“ angeboten. Das kannte ich so nicht von juristischen Fakultäten in Deutschland.

Das Leben außerhalb des Campus

Ein ganz wichtiger Teil meines LL.M.-Jahres war das Leben außerhalb des Campus. Ich habe gemeinsam mit Kommilitonen viel in und um D. C. herum unternommen und bin auch etwas durch die USA gereist. Der LL.M. war sicher kein Urlaubsjahr, allerdings ist der Lernaufwand nicht mit dem für ein Examen vergleichbar. Gelebt habe ich in einem Einzimmerapartment in Arlington. Das Leben in D. C. ist leider teuer. Northern Virginia ist etwas günstiger, dennoch sind die Kosten insgesamt hoch. GULC bietet ein „Campus Housing“, das Angebot ist jedoch begrenzt und kaum günstiger. Mich hat der LL.M. insgesamt knapp 80 000,– € gekostet. Die „Tuition Fee“, inklusive der Studentenversicherung, haben davon den größten Teil ausgemacht.

Resümee

Ich würde jederzeit wieder nach Georgetown gehen. Zudem möchte ich jeden ermutigen, sich auf dieses Abenteuer einzulassen, wenn der LL.M. zu den eigenen Wünschen und Zielen passt. Die finanzielle Hürde ist hoch, aber nicht unüberwindbar. Mir geholfen hat z. B. der LL. M.-Bildungsfonds.
Die Noten fallen, je nach eigenem Anspruch der Law School unterschiedlich ins Gewicht. Darüber hinaus sind das „Personal Statement“ und der persönliche Kontakt zur Uni von entscheidender Bedeutung. Zu diesen Themen gibt es in Deutschland z. B. das LL.M.-Seminar der Deutsch-Amerikanischen Juristen-Vereinigung (DAJV). Für deutsche Interessenten sind die Chancen besser denn je!

Neben den verbesserten Rechts- und Englischkenntnissen hat der LL.M. geholfen, freier zu argumentieren und die amerikanische Juristerei besser zu verstehen. Durch das Alumni-Netzwerk kann bei grenzüberschreitenden Rechtsfragen fast immer ein Georgetown-Alumni aus dem jeweiligen Land gezielt angesprochen werden, um seine/ihre Einschätzung zu erfahren.

Hoya Saxa!

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Quelle NJW 33/2015