Gewinner und Verlierer - ein Rückblick auf die einzelnen Fachbereiche von Anwaltskanzleien im Lichte der Finanzkrise und Ausblicke auf die Zukunft (Teil 3)

von Sven Laacks, LL.M., Schollmeyer & Steidl Legal Recruitment

Der dritte und letzte Teil dieses Rückblicks soll den Fachbereichen Steuer-, Kartell-, Prozessrecht, Gewerblicher Rechtsschutz und Technologie, öffentliches Wirtschaftsrecht sowie der handels- und vertriebsrechtlichen Beratung gelten.

Wie in den ersten beiden Teilen des Beitrags deutlich wurde, haben insbesondere die umsatzträchtigen Bereiche des wirtschaftsrechtlichen Beratungsgeschäfts herbe Einbrüche hinnehmen müssen. Den wenigen Gewinnern der Krise stehen viele gegenüber, die mit einem leichten bis starken Geschäftsrückgang zu kämpfen hatten und haben. Dies hat natürlich Einfluss auf die Fachbereiche, die hier betrachtet werden und meist dem Transaktionsgeschäft mehr oder weniger unterstützend zur Seite stehen.

Steuerrecht

Der Fachbereich Steuerrecht gehört sicherlich mit zu den erheblich betroffenen Fachbereichen der Krise. Die ansonsten kontinuierlich herrschende Nachfrage nach erfahrenen Steuerrechtlern oder auch Nachwuchskräften mit guten Vorerfahrungen ließ deutlich nach. Besonders die BIG-4- Beratungen reagierten hier teilweise mit kompletten Einstellungstops.

Gerade das transaktionsnahe Steuerberatungsgeschäft musste einen erheblichen Rückgang verzeichnen und konnte sich auch bis Jahresende 2009 in den allermeisten Fällen nicht wirklich erholen. Anders sah dies in der steuergestaltenden Beratung aus: Bereiche wie z.B. Private Clients mussten keine bedeutsamen Umsatzeinbrüche verzeichnen.

Alles in allem sind deswegen solide ausgebildete Steuerrechtler/ -innen auch weiterhin begehrte Mitarbeiter auf dem juristischen Arbeitsmarkt, die auch in Krisenzeiten ihren Marktwert steigern konnten.

Kartellrecht

Ähnlich erging es transaktionsnah aktiven Kartellrechtlern (insbesondere für die Fusionskontrollverfahren): Das zusammenbrechende Geschäft großer Unternehmensakquisitionen machte sie im Grunde überflüssig. So verzeichnete auch der Arbeitsmarkt Ende 2008 und zu Beginn 2009 fast keinerlei Bedarf, dem jedoch zahlreiche verfügbare Associates mit einem bis drei Jahren Berufserfahrung gegenüberstanden. Erst im späteren Verlauf des Jahres 2009 zeigte sich hier wieder eine gewisse Erholung.

Anders war dies im Umfeld des Kartellvertriebsrechts. Dies war im vergangenen Jahr von stetigem Beratungsbedarf geprägt und hatte daher nur bedingt Umsatzrückgänge zu beklagen.

Prozessrecht

Erfahrungsgemäß steigt die Nachfrage nach Rechtsanwälten für den Bereich Litigation in Krisenzeiten, da durchaus der eine oder andere Deal aus der Vergangenheit erneut aufgegriffen und strittige Fragen daraus zu lösen sind.

Diese ansonsten übliche Tendenz blieb Anfang 2009 jedoch aus und es zeigte sich zunächst kein signifikant erhöhter Bedarf am Markt. Zunächst nur vereinzelt und erst im späteren Verlauf des Jahres meldeten die Kanzleien eine größere Notwendigkeit an prozessrechtlicher Beratung, die sich jedoch vornehmlich an erfahrene Associates richtete.

Gewerblicher Rechtsschutz und Technologie

Schon im Vorfeld der Finanzkrise war im Bereich Soft-IP für das Jahr 2009 nicht viel zu erwarten, da sich viele Kanzleien im Laufe des Jahres 2008 deutlich verstärkt hatten. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass der Markt scheinbar überquillt vor Bewerbern (insbesondere auf Berufseinsteigerniveau), die in diesem Fachbereich aktiv werden wollen. Die Finanzkrise hat ihr Übriges dazu beigetragen.

Anders ist hingegen die Lage im Bereich der technischen Schutzrechte, welcher im Jahr 2009 Zuwächse verbuchen konnte. Hier herrscht nach wie vor ein Mangel an Volljuristen, die sich dem Patentrecht annähern wollen. Auch im IT-Beratungsfeld führte die Finanzkrise zu einem deutlichen Geschäftsrückgang. Zahlreiche IT-Projekte wurden aus Kostengründen vorerst auf Eis gelegt, Supportaufgaben bei Transaktionen blieben aus. Die Nachfrage nach Personal stagnierte hier.

Öffentliches Wirtschaftsrecht

Der öffentlich-rechtliche Beratungssektor zeigte sich wenig beeindruckt von der Krise. Die notwendige und umfangreiche Beratung in vergabe-, regulierungs- und europarechtlichen Angelegenheiten sorgt auch weiterhin für eine positive Entwicklung dieses Zweiges. Zusätzlich angeheizt wurde die personelle Nachfrage im Laufe des Jahres 2009 durch starken Beratungsbedarf im Beihilferecht. Aber auch weiterhin wird gerade in diesem Fachbereich hoher Wert auf den herausragenden akademischen Hintergrund gelegt und deswegen besonders hohe Anforderungen an Bewerber gestellt.

Handels- und vertriebsrechtliche Beratung

Ein deutlicher Nachfragezuwachs aus den Wirtschaftskanzleien war und ist für den Bereich der allgemeinen handels-, vertrags- und vertriebsrechtlichen Beratung zu verzeichnen. Nicht nur die Häuser, die in diesem Bereich seit längerem etabliert sind, sondern auch neue Kanzleien haben diesen im größeren Umfang für sich entdeckt. Wenn auch nicht als besonders umsatzträchtig bekannt, so bietet der Beratungssektor eine stetige Auslastung und kann als „sichere Bank“ betrachtet werden.

Abschließend lässt sich feststellen, dass der juristische Arbeitsmarkt im Laufe und gerade zum Ende des Jahres 2009 zunehmend positive Tendenzen zeigte. Aktuell eine sichere Einschätzung für das Jahr 2010 abzugeben, ist schwierig. Wirtschafts- und Geschäftsklimaindizes sprechen teils sehr unterschiedliche Sprachen und ebenso sind die Aussagen der Wirtschaftsforscher uneinheitlich.

Die Wirtschaftskanzleien haben zumeist das Jahr genutzt, um sich an die veränderten Marktbedingungen anzupassen. Die Beratungsgeschäfte laufen inzwischen wieder auf einem planbaren Niveau und die allgemein wieder vorherrschende muntere Nachfrage nach Personal lässt positiv in die Zukunft blicken.

Quelle NJW 6/2010