Verkehrsrecht – eine Materie ohne Tempolimit

von Inka Pichler-Gieser

Wer an Verkehrsrecht denkt, hat zunächst das Überfahren von roten Ampeln, Auffahrunfälle und Flensburger Punkteansammeln im Kopf. Langweilig? »Verkehrsrecht. Da darf man nun wirklich nicht enden« – das hat man im Studium oft gehört. Doch von wegen! Das Verkehrsrecht ist an Aktualität nicht zu übertreffen, es ist Spiegel der Gesellschaft und des Fortschritts – man denke nur an die Raserfälle, autonomes Fahren oder E-Scooter.

Ein unterschätztes Rechtsgebiet

Das Verkehrsrecht ist ein völlig unterschätztes Rechtsgebiet, ein weites Feld, ständige Mobilität spielt eine wichtige Rolle. Um sich einen Einblick zu verschaffen, muss man sich nur mal auf den jährlich stattfindenden Verkehrsgerichtstag begeben. Allein vom 29.–31.01.2020 trafen sich in Goslar wieder rund 1.800 Verkehrsexperten, Wissenschaftler und Juristen, hier bekommt man den besten Einblick in das Leben eines Verkehrsrechtlers. Bereits die Autos in den Hotelgaragen lassen die Herzen höher schlagen. 4116 Fachanwälte für Verkehrsrecht waren zum 01.01.2019 in Deutschland zugelassen, 727 davon Frauen.1 Und auch im Verkehrsrecht gibt es Marktlücken, die es zu schließen gilt. Spezialisierung ist hier das A&O.

Immer in Bewegung

Das Straßenverkehrsnetz wächst und wächst und damit auch die Anforderungen an das Verhalten der Verkehrsteilnehmer und das damit verbundene Regelwerk. Auch die Technik macht vor dem Verkehrsrecht nicht halt, wie man bereits an den teil-, hoch- und vollautomatisierten Kfz sieht – die Gesetzgebung kommt hier kaum hinterher. In kaum einem Bereich ist das eigene Rechtsempfinden so subjektiv wie auf der Straße. Da erhitzt sich nicht nur so mancher Motor, sondern vor allem auch das ein oder andere Gemüt. Um hier zur Abkühlung beitragen zu können, ist das Rezept aus einer ordentlichen Portion Empathie, Fachwissen und Verhandlungsgeschick empfehlenswert. Gerade wenn sich alle Beteiligten im Recht fühlen, gilt es den Überblick zu behalten. Und zwar nicht nur im Straßenverkehr, sondern in allen Belangen, die in Kombination dazu stehen. Mobilität ist gefragt, auch im Kopf. Das Verkehrsrecht zeichnet sich dadurch aus, dass man quer durch die Rechtsgebiete und daher auch die Prozessordnungen unterwegs ist, im wahrsten Sinne des Wortes. Von Führerscheinsachen und Fahrtenbuchauflagen, d.h. im tiefsten Verwaltungsrecht, über Bußgeld- und Verkehrsstrafsachen, einem Schwenk über das Arbeits- und Sozialrecht bis hin zu Zivil- und Versicherungsrecht, in denen man letztlich dem Case-Law unterliegt und tagesaktuell die Rechtsprechung der jeweils zuständigen Gerichte kennen muss, um die Mandanten am besten zu beraten und vertreten – Taktik ist ein entscheidendes Kriterium. Nicht umsonst wiederholt der BGH stetig, dass bei einem Fahrzeugschaden die rechtliche Beurteilung nahezu jeder Schadensposition in Rechtsprechung und Lehre seit Jahren intensiv und kontrovers diskutiert wird, die umfangreiche, vielschichtige und teilweise uneinheitliche Rechtsprechung hierzu nach wie vor fortentwickelt wird.

Spezialisierung

Das juristische Studium und das Referendariat sind so angelegt, dass man zum Allrounder ausgebildet wird. Den klassischen »Wald- und Wiesenanwalt« gibt es im praktischen Alltag aber kaum mehr. Spezialisierung ist wichtiger denn je, was man bereits anhand der hohen Anzahl an Fachanwaltschaften sieht. Doch auch innerhalb eines Rechtsgebietes ist es sinnvoll, sich zu spezialisieren, um sich auf dem Markt zu behaupten. So zum Beispiel auch beim Thema Fuhrpark. Ein riesiges, rechtlich nahezu unerforschtes Feld. Die Anzahl der Fuhrparks in Deutschland bewegt sich im Millionenbereich. Gerade Unternehmen, die bei Gründung mit einer überschaubaren Anzahl an Firmenfahrzeugen starteten, sind mit dem Wachstum ihrer Firma samt Fuhrpark oft Herausforderungen gegenübergestellt, die sie im Alleingang schwer überblicken können. Leasingverträge, Unfallverhütungsvorschriften, Fahrerlaubniskontrolle, Datenschutz und Compliance sind nur einige Stichwörter, so dass das Flottenrecht und die unübersichtliche Vielzahl an rechtsgebietsübergreifenden Vorschriften einem Dschungel gleichen. Der Tarzan ist hier sozusagen der Flottenmanager, er muss den richtigen Weg durch den Dschungel finden, er ist die Schnittstelle zwischen Anwalt und Unternehmen. Ob präventiv, vertragsgestaltend, beratend oder vertretend, im Fuhrparkrecht gibt es immer etwas zu tun.

Am Puls der Zeit

Als spezialisierte Kanzlei ist es wichtig, Prozesse effizient zu verschlanken und zu beschleunigen, die Digitalisierung macht auch vor Anwaltskanzleien nicht halt. Zeit ist schließlich Geld und ein schneller Cashflow für die Mandanten das Entscheidende. Wir setzen hierbei unter anderem auf die WebAkte, quasi ein elektronischer Aktenschrank für den Mandanten. Dort hat er jederzeit die Möglichkeit, sich hineinzuklicken, sieht somit alle laufenden Fälle mit allen Schriftstücken, und zwar 24/7. Auch die Kommunikation mit den Versicherern, Gutachtern und Werkstätten läuft über diese Plattform, alle Unter lagen werden elektronisch auf einem sicheren und schnellen Weg an die Beteiligten übermittelt.

Verhandlungsgeschick und Branchenkenntnis

Strategisches Agieren mit außergewöhnlichem Verhandlungsgeschick sind symbiotische Punkte auf der gewöhnlichen Tagesordnung eines Verkehrsrechtlers. Jeder Vorfall, jeder Tag bringt etwas Neues. Genau das ist das Besondere. Letztendlich gilt es, unermüdlich jederzeit mit neuen Ideen den Herausforderungen und der Komplexität im Verkehrsrecht zu begegnen und dabei eine aussagekräftige Beurteilung der Sachlage zu stellen, natürlich immer mit dem Ziel, dass der Mandant seine Mobilität aufrecht erhalten kann. Regelmäßige Servicetermine gelten übrigens nicht nur für das Kfz, sondern auch vor allem für Mandanten. Im Privatbereich kommen die Fälle schnell von alleine, schließlich kommen zu den im Durchschnitt jährlich 2.632.499 Verkehrsunfällen in Deutschland unzählige Ordnungswidrigkeiten. Hier funktioniert die Mandantengewinnung vor allem über das Empfehlungsmarketing.

Marketing

Doch vor allem für die Akquise von Businesskunden heißt es ordentlich Gas geben. Hier ist es wichtig, sich einen Namen in der Branche zu erarbeiten. Über regelmäßige Vorträge, Anleitung von Seminaren, Präsenz in Fachmedien bis hin zu natürlich erfolgreich abgeschlossenen Mandaten. Daraus resultieren stets glückliche Mandanten und diese sind der Antrieb und Motor für das eigene Weiterkommen und das Gewinnen neuer Mandanten und Fälle. Ein bisschen ist es mit der Rennstrecke in Monte Carlo zu vergleichen: Es hilft nicht nur die PS-Stärke, sondern mindestens genauso wichtig ist das Geschick des Fahrers, um bloß nicht aus der Kurve zu fliegen. Dann können am Ende die Korken knallen und das Ziel, »ordentlich auf der Spur zu bleiben«, kann gebührend gefeiert werden. Im Kanzleialltag funktioniert das genauso. Das Siegertreppchen sind die gemeisterten Herausforderungen, der Sekt ist mit dem Erfolg gleichzusetzen und statt Schärpen hagelt es neue Aufträge. Alles in allem ein wahrer Erfolg. Genau das ist eben Verkehrsrecht. Spannend bis zum Schluss und oft sogar noch darüber hinaus.

 

Über die Autorin:

Inka Pichler-Gieser 
Fachanwältin für Verkehrsrecht,
spezialisiert auf Fuhrparkrecht