The sky is not the limit: Luft- und Weltraumrecht in der Beratungspraxis

von Prof. Dr. Marcus Schladebach, LL.M.

1. Wozu solches Recht?

Es gibt nicht wenige, die bei dem Hinweis auf das Rechtsgebiet »Luft- und Weltraumrecht« ungläubig staunen: Was soll das sein? Gibt es wirklich rechtliche Regelungen für Räume, die für den normalen Menschen sehr schwer zugänglich und allenfalls mit Flugzeugen oder Raumfähren zu erreichen sind? Wer soll in Räumen außerhalb des irdischen Festlands oder der Meeresgebiete das Sagen haben und sich gar anmaßen dürfen, hierfür Vorschriften zu erlassen? Und selbst wenn, durchsetzbar wäre das Ganze doch wohl kaum!

Diese vielfach geäußerte Skepsis übersieht, dass sich mit dem Luftrecht und dem Weltraumrecht zwei Rechtsgebiete entwickelt haben, die einen jeweils eigenen Regelungsbestand aufweisen. Das kann auch gar nicht überraschen: Denn sobald sich die Menschheit neue Aktionsräume technisch erschlossen hat, wie in früheren Jahrhunderten etwa die Meere durch die Schifffahrt, stellt sich im Anschluss an solche Entdeckungen die gesellschaftlich zu diskutierende Frage, ob die Nutzung dieser neuen Räume rechtlich geregelt werden soll.

Nach dem ersten Motorflug der Gebrüder Wright 1903 in North Carolina sowie nach dem Start des ersten Weltraumgegenstands, des russischen Satelliten »Sputnik 1« 1957, wurde diese Frage sowohl für den Luftraum als auch den Weltraum klar mit Ja beantwortet.

2. Luftrecht

Wendet man sich zunächst dem Luftrecht zu, so erfasst dieses u.a. die Nutzung des Luftraums durch Flugzeuge, die Aushandlung von Luftverkehrsverbindungen, die Vergabe von Start- und Landerechten an Flughäfen, die Sicherheit von Flugzeugen, die Planung von Flughäfen, die Ausgestaltung von Luftbeförderungsverträgen, die Regelung von Nichtbeförderung, Annullierung und Verspätung von Flügen sowie die Haftung bei Unfällen, bei Beschädigung oder Verlust von Reisegepäck.

In jüngerer Zeit ist die Nutzung von Drohnen hinzugekommen, die für neue Verkehrs- und Belieferungssysteme in Stadt und Land viele Chancen bietet. Lufttaxis und die Versorgung mit Medikamenten stellen die Fachplanung vor neue Herausforderungen.

Alle diese Aspekte werden von internationalen, europäischen und innerstaatlichen Vorschriften gesteuert, was selbstredend zu vielfältigen Rechtsproblemen führen kann und auch oft führt. An deren Klärung sind Luftfahrtbehörden des Bundes (LBA) und der Länder (Obere Luftfahrtbehörde BE-BB), Ministerien (BMVI), EU-Behörden (EASA), Luftfahrtunternehmen (Lufthansa), Flughafengesellschaften (Fraport), Flugzeughersteller (Airbus), Luftfahrtverbände (BDL), Planungsbehörden (MIL BB), Luftfahrtberatungsunternehmen (airsight, Berlin) und Anwaltskanzleien (Lenz & Johlen, Köln) beteiligt.

Hierfür braucht es Juristinnen und Juristen, die nicht nur eine gewisse Offenheit für technische Sachverhalte besitzen, sondern sich jedenfalls auch in den Grundzügen des Luftrechts auskennen. Ausgestattet mit solchen Kenntnissen, die auch das EU-Recht umfassen sollten, wird man für die genannten Akteure als juristische Beraterin bzw. juristischer Berater interessant.

Die wirtschaftlichen Umsätze im europäischen und internationalen Luftverkehr waren bis zum Beginn der Corona-Pandemie ausgesprochen hoch. Sie dürften nach dem Ende dieses Ausnahmezustands, der viele Flugzeuge am Boden hält, wieder wachsen und dann erneut anspruchsvolle Rechtsfragen aufwerfen, die kompetenter Lösung bedürfen.

3. Weltraumrecht

Auch wenn das Weltraumrecht schon auf eine 60-jährige Geschichte verweisen kann, dürfte es zu den sehr modernen Rechtsgebieten zählen. Als besonderes Völkerrecht auf den UN-Weltraumvertrag von 1967 gestützt, regelt es Hoheitsfragen, den Zugang und die Nutzung des Weltraums, die (verbotene) Aneignung von Himmelskörpern, die Rettung von Raumfahrern, die Haftung bei Unfällen und die Verantwortlichkeit für Raumfahrtmissionen.

Von zunehmender Bedeutung ist das Engagement von Privatunternehmen im Weltraum. Es kann als geradezu visionär bezeichnet werden, dass der Weltraumvertrag schon 1967 private Raumfahrtaktivitäten vorausschauend für zulässig erklärt hat, wenn sie innerstaatlich genehmigt und ständig kontrolliert werden. Hiervon profitiert die Raumfahrt ganz erheblich.

Ohne die finanziell und technisch hochaufwändigen Projekte von Richard Branson (Virgin Galactic), Elon Musk (SpaceX) und Jeff Bezos (Blue Origin) wäre die Raumfahrt in den 1980er Jahren steckengeblieben.

Rechtliche Fragen betreffen gegenwärtig den Abbau von Bodenschätzen auf dem Mond und auf Asteroiden, den Weltraumtourismus, die Errichtung eines Moon Villages, die Zukunft der Internationalen Raumstation, die Positionierung von Satelliten und die Bekämpfung von Weltraummüll. Der Beratungsmarkt ist hier noch recht klein.

Weltraumrechtliche Expertise ist beim UN-Weltraumausschuss (Wien), bei der Bundesregierung (AA), bei Fachverbänden (BDLI), bei Forschungsinstituten (DLR) und bei universitären Projekten (TU Berlin) nützlich. Gestiegen ist der Beratungsbedarf bei privaten Unternehmen (Airbus Space, OHB Bremen) und kleineren Start ups, die Satelliten nutzen wollen. Damit ist der Trend der wachsenden deutschen Raumfahrtindustrie gesetzt: The sky is not the limit.

 

Über den Autor:

Prof. Dr. Marcus Schladebach, LL.M.
Professor für Luft- und Weltraumrecht
an der Universität Potsdam und
Autor der Lehrbücher
»Luftrecht« und »Weltraumrecht«