
In jeder Branche gibt es Arbeitgeber, die weniger gute Arbeitsbedingungen bieten als andere. Während einige Unternehmen aufgrund ihres renommierten Namens, der Marktstellung oder der Branche damit noch durchkommen, ist dies in der Steuerberatung ungleich schwerer. Gerade in einem Bereich, der extrem unter Fachkräftemangel leidet und zudem sehr nüchtern wirkt, ist es entscheidend, als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden.
Benefits, Karrieremöglichkeiten und eine wertschätzende Unternehmenskultur auf dem Papier reichen dabei jedoch nicht aus – das Ganze muss dem Unternehmen auch glaubwürdig zugeschrieben werden, um im Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte erfolgreich zu sein. Nachfolgend wird beleuchtet, warum gerade für Steuerberatungskanzleien „echtes“ Employer Branding einen entscheidenden Unterschied macht.
Der Mythos vom „langweiligen Image“
Viele Kanzleien klagen darüber, dass junge Menschen die Steuerberatung als langweilig und eher trockenes Thema empfinden. Diese Wahrnehmung ist definitiv kein Mythos – oder kennen Sie einen Jugendlichen, der sagt: „Ja, Steuerberatung, das isses! Das mach ich!“.
Fun Fact: Interessanterweise ändert sich das Bild mit zunehmenden Alter: Während der Beruf bei Jüngeren weniger reizvoll wirkt, steigt die Attraktivität des Steuerberaters in späteren Jahren - besonders in der Dating-Szene. Der Beruf signalisiert Stabilität, finanzielle Sicherheit und Verantwortungsbewusstsein - Qualitäten, die in Partnerschaften geschätzt werden.
Die Branche wird nicht nur als nüchtern wahrgenommen, weil sie trockene Zahlen und viele komplexe Vorschriften bietet - dies ist lediglich eine Variabel, die es zu akzeptieren gilt. Vielmehr trifft auf diese Nüchternheit im Zweifel noch ein wenig innovativer Arbeitgeber. Eine fatale Kombination für die Ansprache junger Nachwuchskräfte.
Die grundlegende Herausforderung: Alte Strukturen und fehlende Kommunikation
Viele Steuerkanzleien arbeiten in Strukturen, die sich über die Jahre bewährt haben, aber in der heutigen, dynamischen Arbeitswelt Anpassungen erfordern. Es geht nicht darum, Bewährtes komplett zu verwerfen, sondern kontinuierlich Optimierungspotenzial zu erkennen. Führungskräfte, die sich offen für Feedback zeigen und bereit sind, ihren Führungsstil weiterzuentwickeln, schaffen die Grundlage für ein gesundes Arbeitsumfeld. Wird jedoch kein Feedback angenommen und transparente Kommunikation gemieden, kann dies auch durch Imagekampagnen oder moderne Büroräume nicht ausgeglichen werden. Eine nachhaltige Veränderung beginnt immer bei der Unternehmenskultur.
Viele Kanzleien setzen mittlerweile flexiblere Arbeitsmodelle um und rücken die Bedürfnisse der Mitarbeiter stärker in den Mittelpunkt. Wer diese Flexibilität fördert und positive Aspekte wie eine wertschätzende Arbeitsatmosphäre oder individuelle Entwicklungsmöglichkeiten aktiv kommuniziert, wird auch im Wettbewerb um Talente bestehen. Die Stärken der Kanzlei, etwa klare Karriereperspektiven, sollten ebenso in den Vordergrund gestellt werden. Durch diesen ganzheitlichen Ansatz wird das Employer Branding gestärkt und die langfristige Bindung der Mitarbeiter gefördert.
Neben der Entwicklung interner Strukturen spielt die Kommunikation eine entscheidende Rolle. Die positiven Eigenschaften einer Kanzlei müssen auch nach außen getragen werden. Bescheidenheit hat bei der Rekrutierung keinen Platz. Potenzielle Mitarbeiter wollen wissen, was eine Kanzlei besonders macht und welchen Mehrwert sie bietet. Ein transparentes und aktives Employer Branding ist daher unerlässlich. Nur wer seine Stärken klar kommuniziert, wird im umkämpften Arbeitsmarkt die passenden Fachkräfte anziehen
Exkurs – Was ist Employer Branding?
„Employer Branding beschreibt die Strategie und die Maßnahmen, die von einem Unternehmen ergriffen werden, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren. Ziel ist es, die Aufmerksamkeit potenzieller Mitarbeiter zu gewinnen, bestehende Mitarbeiter zu binden und eine positive Wahrnehmung in der Öffentlichkeit zu erzeugen.“
Employer Branding ist also der strategische Ansatz, eine Kanzlei als attraktiven Arbeitgeber zu positionieren. Welche Hebel man dafür aktivieren muss? Unternehmenswerte, echte Benefits, Investition in Mitarbeiterentwicklung und Schaffung einer anregenden Arbeitsumgebung. Werden diese Elemente authentisch gelebt und konsequent kommuniziert, baut sich eine differenzierende Arbeitgebermarke auf.
Wie können Kanzleien sich also wirklich ändern?
Eine erfolgreiche Employer Brand basiert auf der Fähigkeit, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln und Chancen zu ergreifen. Kanzleien können ihre Strukturen und Führungsmodelle an die moderne Arbeitswelt anpassen. Führungskräfte spielen dabei eine Schlüsselrolle – nicht als diejenigen, die sich grundlegend ändern müssen, sondern als strategische Denker und empathische Mentoren, die ihre Mitarbeiter unterstützen und fördern. Investitionen in die Entwicklung und ein offener Dialog schaffen ein Umfeld, in dem Mitarbeitende Ideen einbringen können. Gleichzeitig wird das Bewusstsein gestärkt, dass ihre Arbeit einen gesellschaftlichen Mehrwert leistet.
Der Wunsch junger Talente nach Freiraum und Eigenverantwortung ist zentral. Sie möchten nicht nur ihre Aufgaben selbstständig gestalten, sondern auch die Möglichkeit haben, aktiv etwas zu bewirken. Sinnstiftende Tätigkeiten und die Chance, Verantwortung zu übernehmen, werden zunehmend wichtiger. Kanzleien, die diesen Freiraum bieten, schaffen ein Arbeitsumfeld, das die persönliche Entfaltung und das Engagement der Mitarbeiter fördert.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist Digitalisierung. Moderne Technologien und digitale Tools sollten umfassend integriert werden, um die Effizienz zu steigern und den Ansprüchen der jüngeren Mitarbeiter gerecht zu werden.
Last but not least – das Gehalt. Es bleibt wichtig, aber ohne Flexibilität und Förderung reicht eine attraktive Vergütung nicht aus, um junge Talente zu gewinnen. Was heute wirklich zählt, ist das Gesamtpaket. Dekoriert mit Benefits wie Jobrad, Essensgutscheinen, Sabbaticals oder Kindergartenzuschuss. Solche Anreize schaffen echten messbaren Mehrwert. Eine Prise Mitarbeiter-Events geben die finale Würze.
Und wie bereits zuvor erwähnt: Kommunizieren Sie es! Denn, mal ehrlich – all die großartigen Veränderungen und Benefits bringen nichts, wenn niemand davon erfährt. Kein Talent wird sich für Ihre Kanzlei entscheiden, nur weil Sie im Stillen großartige Arbeit leisten.
Fazit: Tu Gutes – und rede endlich darüber!
Kein Imagewechsel gelingt ohne echte Weiterentwicklung. Das gilt auch für Steuerkanzleien, die glauben, mit ein paar kosmetischen Änderungen junge Talente anziehen zu können. Wer weiterhin an veralteten Strukturen festhält, braucht sich nicht wundern, wenn die besten Köpfe einen anderen Arbeitgeber wählen. Es reicht nicht, hier und da etwas zu polieren – tiefgreifende Veränderungen sind gefragt. Flexibilität, echte Wertschätzung, Freiraum für Eigenverantwortung und eine moderne, transparente Führungskultur samt einschlägiger messbarer Benefits – das sind die Dinge, die zählen und ziehen.
Doch Vorsicht: All das bringt wenig, wenn keiner davon erfährt. Wer nicht deutlich kommuniziert, was er zu bieten hat, wird im Wettbewerb um Talente untergehen. Gutes Employer Branding heißt nicht nur verändern, sondern auch darüber reden. Alles andere bleibt nur Marketing-Show ohne Substanz.
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Über die Autorinnen:
Natalia Künstle - Senior Marketing Managerin
Mit einem Diplom in Medienwirtschaft und über zwei Jahrzehnten Erfahrung in der Medienbranche bringt sie umfassendes Know-how in ihre Tätigkeit ein. Sie war an TV-Produktionen beteiligt, leitete eine Nachrichtenredaktion in Köln und unterstützt heute als Beraterin bei THE MARKETER Anwaltskanzleien dabei, ihre Markenstrategien erfolgreich umzusetzen
Mareike Müller - Gründerin und Geschäftsführerin von THE MARKETER
Sie berät Rechtsanwälte, Steuerberater und Kanzleien in allen Aspekten des Kanzleimarketings und Business Developments. Mit einem Abschluss in Betriebswirtschaft und über 20 Jahren Erfahrung in den Bereichen Marketing, Vertrieb und strategische Beratung sowie mehr als 12 Jahren im Professional Service, verfügt sie über fundierte Expertise in der Entwicklung von Marketing- und Wachstumsstrategien.