"Mutterschutz und Elternzeit sind keine Karriere Stopper"

Interview mit Dr. Susanne Hemme von Deloitte

Wenn es um das Thema „Vereinbarkeit von Beruf/Karriere und Familie“ und Juristinnen geht, hörte man in der Vergangenheit oft, dass es an weiblichen Vorbildern fehlt, an denen sich Nachwuchsjuristinnen orientieren können. Wir haben beeindruckende Frauen getroffen, deren Karrieren beweisen, dass das nicht länger der Fall ist. Eine davon ist Dr. Susanne Hemme, Partnerin bei Deloitte.

Frau Dr. Hemme, wie gelingt es Ihnen Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren?

Für mich gibt es zwei wesentliche Faktoren: Flexibilität und ein gutes Netzwerk von Unterstützern. Bei Deloitte kann ich meine Arbeitszeit sehr flexibel einteilen, was ich als einen großen Vorteil sehr schätze. Meine gesamte Karriere über durfte ich stets in einem Umfeld arbeiten, das mir größtmögliche Flexibilität einräumte und mich und meine Ziele unterstützte. Das war mitunter sehr anstrengend, aber ich würde sagen, es hat sich sicher für alle Seiten gelohnt.

Es sollte auch klar sein, dass niemand in der Lage ist, einen sehr ausfüllenden Job und die Kindererziehung allein zu schaffen. Gleich ob die Unterstützung aus der Familie, von Au Pairs oder Babysittern kommt, ein verlässliches und vertrauensvolles Netzwerk ist unabdingbar.

Was treibt Sie persönlich an/ist Ihr berufliches Motto?

Mein größter Antrieb ist, dass mir sowohl meine Familie als auch mein Job unheimlich Spaß machen und ich beide Bereiche sehr genieße. Für mich war es nie eine Option, die Begriffe Beruf und Familie mit einem »oder« zu verbinden, denn ich wollte immer beides. Ich hatte zwar nicht immer das Ziel, Partnerin zu werden, was auch völlig in Ordnung ist, denn es gibt eine Vielzahl von Karriereoptionen. Mir war es nur immer wichtig, keine Türen zuzuschlagen, die mir Wege versperren, die ich später doch gehen möchte. Über die Jahre habe ich dann festgestellt, dass es für meine männlichen Kollegen eher ein Selbstverständnis ist, Partner zu werden. Irgendwann packte mich der Ehrgeiz und ich wollte mir beweisen, dass ich es als Frau auch schaffen kann.

Was würden Sie insbesondere Nachwuchsjuristinnen gerne mit auf den Weg geben?

Frauen neigen oftmals dazu, in Grenzen und Problemen zu denken. Dies ist in meinen Augen die größte Herausforderung. Juristinnen, die erfolgreich das 1. und 2. Juristische Staatsexamen ablegen, sollten sich grundsätzlich alles zutrauen und den Mut haben, immer auch die nächsten Karriereschritte zu gehen und die damit verbundenen Anforderungen anzunehmen.

Ich denke, es gibt immer die Möglichkeit, die beruflichen Ziele auch mit Kindern zu verwirklichen. Vielleicht bedarf es etwas mehr Zeit, einen anderen Arbeitgeber oder der Veränderung anderer Rahmenbedingungen. Aber es lohnt sich auf jeden Fall, an den Zielen festzuhalten und für die Verwirklichung einzustehen.

Wie werden Frauen in Ihrer Kanzlei/Ihrem Unternehmen explizit gefördert?

Bei Deloitte können alle Mitarbeitenden sehr flexibel remote Arbeiten. Auszeiten, wie Mutterschutz und Elternzeit, werden selbstverständlich unterstützt und sind keine Karriere Stopper. Auch Teilzeitmodelle sind auf allen Karrierestufen möglich. Die Vereinbarkeit von Beruf & Privatleben wird durch die Zusammenarbeit mit einem externen Familienservice gefördert. Darüber hinaus gibt es über die verschiedenen Businesses hinweg Mentoring Programme, die insbesondere auch den Frauen Netzwerke bieten und den Austausch ermöglichen sollen.

Das Ziel, junge Kolleginnen zu fördern und auf ihrem Karriereweg zu begleiten, wird immer häufiger auch explizit in den Zielvereinbarungen der Führungskräfte verankert. 

Über die Interviewpartnerin:

Dr. Susanne Hemme,
ist RAin, StBin und seit September 2022 als Partnerin im Bereich Tax bei Deloitte.