Karriere in der Steuerkanzlei - Wie die Digitalisierung das Berufsbild „Steuerberater“ verändert

von Patrick Nassall

Die Digitalisierung ist aktuell eine der größten unternehmerischen Herausforderungen, die klassische Arbeitsstrukturen von Grund auf verändert. Insbesondere Steuerkanzleien sind davon betroffen, da in der Finanz- und Lohnbuchhaltung dank zunehmend automatisierter Prozesse Routineaufgaben wegfallen. Für Steuerberater bedeutet dies weniger Verwaltung und dafür mehr Beratungs-Leistungen für ihre Mandanten.

Durch diesen Wandel ergeben sich für derzeitige und zukünftige Steuerberater ganz anderen Qualifikations-Anforderungen als bisher: Es gilt, Beratungsleistung anzubieten und mit modernen IT-Landschaften vertraut zu sein. Auf Kanzleiseite bieten New-Work-Konzepte dabei neue Ansätze, um für die gewünschten Fachkräfte attraktiv zu sein.

Ein digitaler Rechnungsversand, eingescannte, automatisch verbuchte Belege und Online-Buchführung – all das sind Schlagworte, die Steuerberater mit der Digitalisierung verbinden. Doch die digitale Transformation greift deutlich weiter – sie wird dazu führen, dass in Zukunft Belege nur noch als verifizierte Datensätze vorliegen und schlichtweg nur eine Zeile in der Buchhaltungssoftware darstellen. Die komplette manuelle Buchhaltung entfällt.

Für Steuerberater bedeutet dies eine Veränderung der Strukturen in den Kanzleien. Viele Prozesse verlagern sich schlichtweg in den Hintergrund, wo sie mit Hilfe intelligenter Software-Lösungen automatisiert ablaufen. Das schafft Raum für die Kernkompetenz der Steuerberater – den Kundenkontakt oder besser gesagt, mehr Zeit für Beratung.

Berufsbild Steuerberater: Andere Kompetenzen gefordert als bisher

Neue Dienstleistungs- und Beratungsangebote geben der Kanzlei die Möglichkeit, neue Geschäftsbereiche zu erschließen. Dazu zählen etwa steuerliche und betriebswirtschaftliche Unternehmensberatung speziell für kleine und mittlere Unternehmen, Rechtsberatung (z. B. Unternehmensnachfolge) oder die Beratung bzgl. der digitalen Transformation der Mandanten an sich, z. B. Aufsetzen und Einhalten von digitalen Geschäftsprozessen.

Die größte Chance für Steuerberater liegt darin, ihre Mandanten auf dem Weg zu modernen Organisationsabläufen zu begleiten und zu beraten. Doch das stellt gleichzeitig auch die größte Herausforderung dar. Denn für diese neuen Geschäftsfelder brauchen die Kanzleien Fachkräfte mit anderen Kompetenzen als früher.

Jetzt sind Mitarbeiter gefragt, die stark in der Kundenberatung sind, bestens mit modernen Software-Lösungen umgehen können oder gar einen vollständigen IT-Hintergrund haben. Die Kanzleien stehen bei der Suche nach solchen Talenten plötzlich nicht mehr nur branchenintern im Wettbewerb, sondern müssen gleichzeitig auch mit der Industrie und Unternehmensberatungen konkurrieren.

Gerade deshalb gilt es für Steuerkanzleien, sich zukunftsorientiert aufzustellen, um sowohl für qualifizierte High-Potential-Mitarbeiter als auch für Mandanten attraktiv zu bleiben. Denn auch die Mandanten legen mehr und mehr Wert auf eine moderne und transparente Art der Zusammenarbeit.

Viele Kanzleien nutzen bereits digitale Belege, sprechen ihre Mandanten über E-Mail an, arbeiten online mit dem Finanzamt. Doch das reicht bei weitem nicht aus. Neue Buchhaltungs- und Finanzlösungen ermöglichen bereits heute eine deutlich bessere und effizientere Vernetzung, sowohl innerhalb der Kanzlei, wie auch der Zusammenarbeit mit Mandanten und Ämtern.

New Work-Konzepte schaffen Wettbewerbsvorteile im War for Talents

Kreative und selbstständig denkende Mitarbeiter sind eine ideale Basis, um sich neu aufzustellen, neue Beratungsansätze zu finden, neu zu denken. Die digitale Transformation schafft die Voraussetzung für eine Realisierung dieser Werte. So ist etwa die physische Anwesenheit von Mitarbeitern bei vielen Arbeiten nicht mehr notwendig. Gleichzeitig ermöglichen Mobile Devices das Arbeiten von jedem Ort zu jeder Zeit und werden immer verbreiteter und beliebter.

Aufgrund dieser Entwicklungen müssen auch Steuerkanzleien in der Lage sein, den Forderungen nach Home Office oder flexiblen Arbeitszeiten zunehmend nachzukommen. Denn nur dann werden sie im „war for talents“ bestehen und trotz Fachkräftemangel Top-Steuerberater für sich begeistern und an die Kanzlei binden können.

Mobile Lösungen unterstützen moderne Arbeitsformen wie Home Office oder Teilzeit. Doch nicht nur im Hinblick auf Mitarbeiterbindung lohnt eine Kanzleiausrichtung im Sinne von New Work. Auch Kanzleiinhaber selbst profitieren dank New-Work-Konzepten von einer besseren Work-Life-Balance und einer besseren Lebensqualität.

Fazit

Damit die Transformation gelingt, müssen sich nicht nur die Steuerberater, sondern auch die Mitarbeiter über den stattfindenden Wandel bewusst werden. Denn die digitale Welt erfordert neue Qualifikationen, für die die Kanzlei Know-how-Träger aufbauen muss.

Moderne IT-Infrastrukturen, das Umsetzen von New-Work-Konzepten sowie Zeit und Raum für die digitale Weiterbildung bilden die wesentlichen Voraussetzungen, damit die Kanzlei erfolgreich in die digitale Zukunft treten kann. Darüber hinaus ist es notwendig, die Mitarbeiter anzuleiten und sie aktiv in den Prozess der digitalen Transformation einzubinden.

Denn: Digitalisierung ist auch ein Kulturwandel, der nicht jedem sofort leicht fällt, aber unvermeidlich ist.

Über den Autor:

Patrick Nassall
seit 2013 für die Haufe-Gruppe tätig,
aktuell als Marketing Manager im lexoffice Team

Quelle DStR 42/2018